Was haben „Willow“, Michal Jacksons „Black or White“ und „Terminator 2“ gemeinsam? Die Überschrift lässt es bereits erahnen, sie sind alle Meilensteine der digitalen Morph-Effekte. Morphing ist ein visueller Effekt, bei dem es um das fließende Überblenden zweier Bilder oder Körper geht, um eine stufenlose Verwandlung vorzugaukeln. Beispielsweise die Verwandlung eines Menschen in ein Tier oder das rapide Altern einer Figur in wenigen Sekunden. Besonders beliebt ist der Effekt in Science Fiction und Fantasy. Durch digitales Morphen haben sich neue kreative Möglichkeiten ergeben, die u. a. Stop Motion ersetzt haben.
Die Entwicklung ist eng mit der Bildbearbeitung am Computer verbunden, weshalb es besonders während des CGI-Siegeszuges Ende der 80er bis Mitte der 90er in immer mehr Kinofilmen zum Einsatz kam. Heutzutage sind solche Special Effects fast alltäglich, aber ich möchte einen Blick auf die frühesten ikonischen und stilprägenden digitalen Morph-Effekte werfen, in denen Pionierarbeit geleistet wurde und ikonische Momente geschaffen wurden.
Eines der letzten spektakulären Beispiele für non-digitales Morphing ist übrigens die Szene aus Indiana Jones and the last Crusade, in der Donovan aus dem falschen Gral trinkt („You chose poorly“).
The Golden Child (1986)
Die Action-Komödie The Golden Child mit Eddie Murphy bietet einen aus heutiger Sicht primitiven, aber äußerst unterhaltsamen Trick. In einer dunklen Gasse verwandelt sich eine Ratte in den Schurken Sardo - personifiziert durch Charles Dance, heutzutage bestens bekannt als Tywin Lannister. Eine überraschende wie famose Szene, wer sich selbst ein Bild machen will, kann dies hier.
Star Trek IV: The Voyage Home (1986)
Star Trek gilt im Gegensatz zu Star Wars weniger als technischer Meilenstein, hat aber viel zur Weiterentwicklung der Tricktechnik beigetragen. Wie bei Star Wars war Industrial Light and Magic bei vielen Teilen verantwortlich und konnte im Falle von The Voyage Home sogar eine Oscar-Nominierung einheimsen. Beeindruckend war damals vor allem die hier vorgestellte Szene: Während einer Zeitreise kommt es zu einer traumartigen Sequenz, in der die Köpfe der Crew ineinander verschmelzen. Die Szene fühlt sich für mich immer etwas deplatziert und fremdartig an, da mir nicht klar ist, warum die Dinge geschehen, die zu sehen sind. Aber okay, alles für den Effekt.
Willow (1988)
Im 1988er Fantasy-Film Willow hat man bei den Morph-Effekten so richtig die Muskeln spielen lassen und eine Szene eingebaut, in der unser Held seine Zauberkünste bis an die Grenzen seiner Macht bringt. Ein Ziegenbock wird zuerst in diverse andere Tiere verwandelt, um schlussendlich zu einem Menschen zu werden. Sehen könnt ihr dieses Spektakel hier.
The Abyss (1989)
Über The Abyss von James Cameron habe ich bereits ausführlich geschrieben. Der magische Moment, in dem die unter Wasser lebenden Aliens einen flüssigen Tentakel nutzen, um die Gesichter der Hauptdarsteller*innen nachzubilden, ist unvergesslich. dies hier.
Michael Jackson: Black or White (1991)
Wir kommen zu einem Eintrag abseits des Kinofilms. Michael Jackson veröffentlichte einige Musikvideo-Meilensteine, am bekanntesten ist vermutlich Thriller mit seiner Hommage an den Zombiefilm.
Der Aufwand von Black or White wird bereits im zweiminütigen Intro deutlich, in dem Alone at Home Darsteller Macaulay Culkin einen Gastauftritt hat. Der Antirassismus-Popsong bietet viele Effekte, Kostüme und Bühnenbilder, von denen aber nicht alle tadellos gealtert sind - am Ende kommt aber ein weiterhin sehenswerter Effekt zum Einsatz, in dem stufenlos Gesichter verschiedener Herkünfte und Geschlechter ineinander gemorpht werden. Das vollständige Video gibt es hier.
Terminator 2: Judgement Day (1991)
Und noch einmal Cameron. In Terminator 2 wurde der in Abyss eingeführte Effekt einer beweglichen Flüssigkeit auf das nächste Level gebracht. Die Killermaschine T1000 kann ihre Gliedmaßen nach Belieben verformen, Gesichter und Körper kopieren und sogar Klingen ausbilden. Damit wurde dem Terminator aus Teil 1 ein unberechenbares und bedrohliches Element hinzugefügt. Für viele Zuschauer aus dieser Zeit ist es der erste bewusste Kontakt zu CGI in Filmen und bis heute ein Filmerlebnis erster Klasse. Einen kurzen Eindruck gewinnt ihr mit dieser Szene.
Star Trek VI: The Undiscovered Country (1991)
Diese Liste hat sich als Trek-lastiger herausgestellt als gedacht. Aber auch Star Trek VI: The Undiscovered Country ist eine Sternstunde dieser Filmreihe und wurde für zwei Oscars nominiert, bestes Makeup und beste Soundeffekte. Kirk und Spock treffen in einem Gefangenenlager auf das Alien Martia, zunächst verkörpert durch Fotomodel (und Ex-Frau von David Bowie) Iman. Ihre formwandlerischen Fähigkeiten lassen sich unter diesem Link bestaunen.
Star Trek: Deep Space Nine (1993)
Noch einmal Star Trek, noch einmal Formwandler. Mit Constable Odo wurde ein Charakter in die 1993 gestartete TV-Serie DS9 eingeführt, der im Grundzustand flüssig ist und Objekte und Lebewesen imitieren kann. Um dem Rest der Crew die Zusammenarbeit zu erleichtern, tritt er normalerweise in der von René Auberjonois verkörperten Gestalt, oben im Bild, auf. Ob es zwischen Odo und Martia aus Star Trek VI eine Verbindung gibt, ist Inhalt einiger Fantheorien, wurde aber nie offiziell bestätigt. Eine Compilation der besten Odo-Verwandlungen gibt es hier.
Snoop Dogg: Who Am I (What's My Name)? (1993)
Snoop (Doggy) Dogg ist auch heute noch ein fester Bestandteil der amerikanischen Popkultur. Anfang der 90er feierte er seinen Durchbruch dank großer Hits wie „Who Am I (What’s My Name)?“. Der Rapper benannte sich nach seiner Lieblingscomicfigur Snoopy und verwandelt sich im Video in einen Hund - wenn auch in keinen Beagle, sondern einen Dobermann. Der Effekt ist zwar relativ primitiv, da der Clip aber auch noch Billiard spielende Hunde mit Sonnenbrillen und Zigarren bietet, will ich ihn hier gerne anpreisen. Also viel Spaß.
The Mask (1994)
Mitte der 90er wurde CGI zunehmend gewöhnlicher (wenn auch weiterhin aufwändig, kostspielig und daher in Maßen eingesetzt). Einen beeindruckenden Mix aus Makeup und computergenerierten Elementen demonstrierte die Comicverfilmung The Mask. Überzeugen können die Effekte, die genau betrachtet mit sehr simplen Texturen arbeiten, durch die starke Darstellung von Jim Carrey, der die cartoonhafte Figur mit Leidenschaft zum Leben erweckt. Hier gibt es eine Szene aus dem Film.
Heutzutage ist CGI und damit auch das Morphing so alltäglich, dass es schwer fällt, konkrete Highlights herauszupicken. Besonders in Reizüberflutungen à la Transformers, dem modernen Superheldenkino oder auch Harry Potter lässt sich kaum noch sagen, wo Morph-Effekte anfangen und aufhören. Sie werden so oft und vielfältig eingesetzt, dass das weitere Herausheben einzelner Werke den Rahmen sprengt. Den neuesten Stand der Technik zeigen aus meiner Sicht die Venom-Filme, in denen dank des anarchischen Parasiten gemorpht wird, was das Zeug hält.
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