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20 Ergebnisse gefunden

  • Meine Top 10 Filme 2022

    Unterm Strich bin ich sehr zufrieden mit dem Kinojahr 2022. Ich war ca. 40 Mal im Kino (ein paar Wiederaufführungen eingeschlossen) und konnte vom Blockbuster über das Kammerspiel bis zum Anime vielfältig unterhalten werden. Ein paar Neuerscheinungen gab es nicht im Lichtspielhaus zu bewundern, sondern beim Streamingdienst der Wahl - hier konnte vor allem Netflix glänzen und neben den üblichen Totalausfällen (wie z. B. Red Notice oder The Gray Man) einige echte Perlen zutage fördern. Orientiert habe ich mich für dieses Ranking am deutschen Release. Einige wenige Filme sind zwar offiziell als 2021 gelistet, aber in Deutschland erst ein Jahr darauf erschienen. Bevor wir starten noch ein paar Honorable Mentions, die die Top10 knapp verpasst haben: So konnte mich "Good Luck to You, Leo Grande" mit seiner klischeebefreiten Darstellung einer Frau im mittleren Alter auf der Suche nach sexueller Erfüllung wirklich positiv überraschen. Ein Beweis dafür, dass eine guter Film oft nicht mehr braucht, als zwei Darsteller*innen und ein Set. In eine ganz andere Richtung ging dann "Dragon Ball Super: Super Hero". Die Dragon Ball Filme kamen selten über das Mittelmaß hinaus und sind meist ein nett anzuschauender Fanservice. Das hier war aber ein überragender Fanservice, mit stark inszenierter Action, großer Leichtigkeit, viel Humor und einem wirklich erfrischenden Anstrich, den die Reihe gut vertragen konnte. Mit "Men" gab es außerdem einen weiteren kompetenten Art-Horror von A24, "Incantation" lieferte okkulten Found-Footage-Horror aus Taiwan und in "Nightmare Alley" findet sich ein intensiver Neo Noir vom mexikanischen Großmeister Guillermo del Toro. Und zu guter Letzt möchte ich auch "White Noise" mit Adam Driver nicht unerwähnt lassen, dass zwar etwas sperrig und eigenartig daherkommt, aber auch eine interessante Filmerfahrung ist. 10. The House Diese britische Stop-Motion-Anthologie bietet drei unheimliche und bizarr-humorvolle Kurzgeschichten, deren Gemeinsamkeit das titelgebende Haus ist. Dabei springen die Stories in der Zeit vorwärts und stellen die sehr unterschiedlichen Hausbewohner vor, die es dort mit zahlreichen Herausforderungen zu tun bekommen: mal kommt es zur Überschwemmung, ein anderes Mal gibt es ein ganz kleines Problem mit Ungeziefer... Die Bilder besitzen einen unverbrauchten Stil, die Atmosphäre gestaltet sich bizarr bis mysteriös und bietet durch die skurrilen Einfälle immer wieder Grund zum Lachen. Ein Animationsfilm für Erwachsene und definitiv einer der Geheimtipps auf Netflix, der leider relativ unbeachtet geblieben ist. 9. Im Westen nichts Neues 2022 brachte die Realität des Krieges nach Europa und machte es vielen bis dahin erklärten Pazifisten schwer, bei ihrer Haltung zu bleiben. Ohne auf die Komplexität solcher Konflikte einzugehen: die Kunst und speziell der Film müssen in solchen Zeiten einen Beitrag leisten und mit "Im Westen nichts Neues" wurde ein Klassiker der Antikriegsliteratur neu verfilmt. Im Roman von 1928 spielen besonders die Gedanken und Beziehungen des Protagonisten Paul eine Rolle, der als junger Mann kriegsbegeistert an die Front gezogen wird und dort den Horror des ersten Weltkriegs erlebt. Der Film dagegen ist reines Erfahrungskino und setzt auf Emotionen, Eindrücke und starke Bildsprache. Und dies funktioniert sehr effektiv und transportiert die Botschaft auf einer rein audiovisuellen Ebene. Beeindruckend inszeniert, darf der Film sogar auf einen Oscar für den besten internationalen Film hoffen. 8. She Said "She Said" erzählt die Entstehung des preisgekrönten New York Times Artikels, der 2017 die #metoo-Bewegung auslöste. Die Konsequenzen spüren wir noch heute, erst letzten Monat wurde das zweite Urteil gegen Harvey Weinstein verkündet, er wird nie wieder als freier Mann leben. Der Journalismus-Thriller im Stile von Filmen wie "Spotlight" folgt zwar den Genrekonventionen, aber hat mich mit seiner Darstellung der Geschichte komplett mitgerissen. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so angespannt im Kino saß. Das Ende des Films steht von vornherein fest, aber trotzdem war die Erleichterung im Finale so groß, dass ich aufatmend in den Kinosessel gesunken bin. Und dort erst einmal minutenlang ausharrte. 7. Inu-oh Es gab im letzten Jahr für den deutschen Anime-Fan gleich zwei Werke, die den Zugang zur Musik suchen. Während mich "Belle" jedoch eher enttäuscht hat, ist mir "Inu-oh" sehr stark im Gedächtnis geblieben. Vom verspielten Zeichenstil und dem bereits wunderbaren Intro angefangen, bietet dieser Film eine Erfahrung, die sich deutlich von anderen Anime abhebt. Auch den Mut, schlagartig den Mittelteil als halbes Musical zu inszenieren, bewundere ich. Die Umsetzung dessen ist auch sehr gut gelungen, da man einen passenden, zeitlosen und universalen Musikstil gefunden hat. Für Filmfans, die etwas mit japanischer Folklore und tragischen Märchen anfangen können, eine ganz große Empfehlung. Ich bin sehr froh, hier im Kino gewesen zu sein. 6. Nope Sicherlich der bislang unzugänglichste Film von Jordan Peele, der auch ein großes Marketingproblem hat, da er als Horror vermarktet wurde, aber nur schwer dort einzuordnen ist. Zwar hat der Film große Suspense-Teile im Stile von "Jaws", hat aber genau so viele Elemente des Western. "Nope" besitzt sehr viele Ebenen und geht neben seiner Handlung auf Themen wie (Tier-)Ausbeutung, Verschwörungsideologien und moderne Medien ein. "Nope" verwirrt den Zuschauer, geht ungewohnte Wege und benötigt ein bisschen Zeit zum nachwirken, kam dann aber umso stärker bei mir an. 5. Guillermo del Toro's Pinocchio Was für ein Seitenhieb von Netflix an Disney, parallel zu deren misslungener Realverfilmung mit Tom Hanks eine eigene Interpretation von Pinocchio auf den Markt zu werfen. Und del Toros Variante setzt der klassischen Geschichte die Krone auf. Nicht nur ist der Stop-Motion-Stil bahnbrechend (ich konnte es zunächst gar nicht fassen und habe alles für CGI gehalten), die Verlegung der Geschehnisse in das faschistische Italien unter Mussolini verleiht dem Werk zusätzliche Tiefe. Eine beeindruckende Erzählung, die nicht nur optisch besticht, sondern auch alle emotionalen Tasten drückt. Und ein gutes Beispiel dafür, wie man heutzutage nicht einfach "Content kreiert", sondern einen Filmemacher seine Vision umsetzen lässt. 4. The Menu Anya Taylor-Joy mausert sich immer mehr zum absoluten Superstar und beweist mal wieder sehr guten Geschmack bei der Auswahl ihrer Rollen. In dieser Satire besucht eine auserlesene Gruppe ein Luxusrestaurant auf einer abgeschnittenen Insel, um das neueste Menü des berühmten Sternekochs zu probieren. Gerade das hohle Geschwafel einzelner Charaktere und die pathetischen Monologe des von Ralph Fiennes super gespielten Chefs sind ein großer Spaß. Leider wird der Film immer wieder als reine Parodie auf die Welt der Luxusküche verstanden, was der deutlich interessanteren Botschaft rund um die Rezeption von Kunst aber nicht gerecht wird. 3. RRR Rise. Roar. Revolt. Für viele Zuschauer war es das Jahr, in dem sich das Tor zum indischen Blockbusterkino geöffnet hat, für mich selbst auch. Hier warten noch viele Schätze darauf entdeckt zu werden. Zwar waren mir einzelne indische Filme wie "3 Idiots" bereits positiv aufgefallen, aber die Form des Action-Überwältigungskinos eines "RRR" ist nicht von dieser Welt. Unglaublich inszeniert, hier werden keine Gefangenen gemacht. Diese Bromance ist der bis dato erfolgreichste indische Film aller Zeiten und man muss ihn erlebt haben, sonst hat man etwas verpasst. 2. The Batman Seit ich den neuen Batman gesehen habe, geht mir der Soundtrack nicht aus den Ohren. Genau so muss sich das Thema des dunklen Ritters anhören. Genau wie in "The Batman" muss sich das Batmobil anfühlen. Und genau solch ein düsteres Detektivspiel, das ein wenig an David Fincher erinnert, möchte ich den Fledermausmann lösen sehen. Nach den sehr realistischen Nolan-Filmen wird Gotham City wieder etwas näher am Gothic interpretiert und geht stärker auf die ursprüngliche Identität der Detective Comics ein. Es ist bezeichnend, was DC immer dann für bahnbrechende Filme macht, wenn sie nicht als Teil des Extended Universe aufgezogen werden. Vielleicht sollte man ja dabei bleiben. 1. Everything Everywhere All at Once Wie viel Spaß kann ein Film machen? Um es kurz zu machen: ein Film, in dem ein Buttplug das tragende Element einer Kampfszene ist, in dem sich zwei Steine unterhalten, hat mich gleichzeitig zu Tränen gerührt. Diesen Spagat zwischen liebevollem Unsinn, präzise choreographierter Action und dem Familiendrama einer Migrantenfamilie kann man gar nicht hoch genug loben. Gleichzeitig ist dieses Werk eine Verbeugung vor dem klassischen Hong Kong Kino voller Referenzen für Filmnerds und ein Denkmal für Michelle Yeoh.

  • Meine Top 10 Comics 2022

    Im vergangenen Jahr habe ich das Medium Comic sehr divers ausgeschöpft: als Heft, als Hardcover, digital, aus der Bibliothek geliehen, neu erschienen, Klassiker, Manga, Superhelden, franko-belgisch - es war einiges dabei. Lange haben mir Comics nicht so viel Freude gemacht wie 2022. Besonders meine Leidenschaft für Manga ist wieder entflammt worden. Für die Platzierung in diesem Ranking ist ausschlaggebend, wann ich die vorgestellten Werke zum ersten Mal gelesen habe - das Erscheinungsdatum spielt keine Rolle. Serien fasse ich zusammen - wenn ich bspw. Manga X Band 1-5 gelesen habe, dann hebe ich nicht einzelne Bände heraus, sondern liste die Serie gesamtheitlich. Hier sind mein zehn liebsten Comics, Manga und Graphic Novels 2022, viel Spaß! 10. Rurouni Kenshin Mein ständiger Begleiter 2022 vor dem Einschlafen. Einer der ganz klassischen Shonen-Manga über einen ehemaligen Samurai, in einer Welt, in der das Schwert an Bedeutung verliert. Kenshin ist ein legendärer und gefürchteter Schwertkämpfer, der nun als einsamer Rurouni durchs Land streift und über Umwege im Dojo von Kaoru landet. Der etwas kauzige Kenshin spricht gerne von sich in der dritten Person, weiß meisterhaft zu kämpfen, aber ist im Herzen gutmütig und freundlich. Man merkt ihm aber auch an, dass er eine schwere Last vergangener Tage mit sich herumträgt. Sympathische Charaktere, geradlinige Action, typisch japanischer Humor und sehr authentische Erklärungen der Kampfkunst machen Rurouni Kenshin zur lockeren Lesekost, die mich immer abholt. Man merkt dem Autoren an, wie sehr er sich für die dargestellte Epoche begeistert und immer wieder historisches Hintergrundwissen gut verdaulich einfließen lässt. 9. Blue Giant Supreme "So viele verschiedene Menschen. Was für interessantes Land." Wenn der japanische Saxophonspieler Dai am Münchener Hauptbahnhof ankommt, geht mir schon das Herz auf. Alleine schon für die unvoreingenommenen und ehrlichen Eindrücke aus asiatischer Perspektive und die detailreiche Darstellung aller Schauplätze, ist ein Blick in diesen Manga wert. Dai ist nach Europa gezogen, um weltbester Jazz-Saxophonist zu werden. Aber ist Jazz überhaupt so ein großes Ding in München? Mit nichts als Instrument und Zahnbürste unterm Arm, versucht er, erste Auftritte zu organisieren, übt in der Fußgängerzone und macht auch mal Bekanntschaft mit der deutschen Polizei (die genau so freundlich ist, wie man das in Bayern gewohnt ist). Jetzt schon einer meiner Lieblings-Manga ever. 8. Ghostbusters/Turtles Mein Kinderzimmer in den 90ern bestand zu einer gewissen Zeit aus besonders zwei Dingen: Spielzeug von Turtles und Spielzeug von Ghostbusters. Und die treten jetzt in einer gemeinsamen Geschichte auf, so wie früher im Kinderzimmer? Nehmt all mein Geld, her damit! Ich bin ohnehin großer Fan der Turtles-Comics, die Ghostbusters-Reihe bei IDW war mir aber nie vertraut (spricht mich optisch auch nur bedingt an). Ein Dimensionssprung bringt die beiden Heldenteams in New York zusammen, um sich einer gemeinsamen Herausforderung zu stellen. Dabei geht es für die grünen Ninja auch um die Rettung zurück in ihre Heimatdimension. Man mag mir entgegenhalten, dass die Story relativ erwartbar ist. Ich mag dann entgegenhalten, dass das genau das ist, was ich mir gewünscht und damit auch erhalten habe. 7. Black Science Und schon wieder geht es um Dimensionssprünge, in diesem Fall aber nicht nach New York, sondern ein bisschen weiter weg. Wissenschaftler Grant McKay hat es geschafft, eine Maschine in Form eines Pfeilers zu entwickeln, der Reisen in parallele Realitäten ermöglicht. Leider ging dabei einiges schief. Nicht nur, dass seine Kinder versehentlich auf den ersten Trip mitgekommen sind. Das Ding ist kaputt und er schafft es nicht mehr, seine eigene Realität anzusteuern. Regelmäßig springt der Pfeiler nun automatisch in neue Welten und die Uhr tickt jedes Mal aufs Neue, die Reparatur und den Kampf ums Überleben zu meistern. Wow. Nicht nur, dass Matteo Scalera und Dean White hier eines der besten Artworks liefern, das ich je in einem Comic gesehen habe. Der temporeiche SciFi-Thriller von Rick Remender wirft unsere Helden (und Antihelden) erbarmungslos immer wieder in neue Gefahren hinein, die fantasievoller kaum sein könnten. 6. Doctor Aphra Star Wars ist in den letzten Jahren nicht immer ein einfaches Thema gewesen. Als Fan steht man irgendwo zwischen Enttäuschungen ("Rise of Skywalker") und kleinen Hoffnungen ("Andor") und macht manchmal lieber beide Augen zu. Der größte Teil der Comics, die seit 2015 bei Marvel erscheinen, gehört aber glücklicherweise zur hoffnungsstiftenden Zunft. Als besonders gelungen herausheben möchte ich die Reihe "Doctor Aphra": Von Vorteil ist, dass diese Figur neu erschaffen wurde und kein tonnenschweres Erbe an Fan-Erwartungen mit sich herumschleppt. Die Wissenschaftlerin am Rande der Legalität mit ihren zynischen Droiden Triple-Zero und BT-1 bietet eine richtige Erfrischungskur. Klar, ihr Charakter erinnert an Han Solo, aber den lässt man hier einfach mal in Ruhe, um sich mehr schreiberische Freiheiten rauszunehmen. Weltraumabenteuer zwischen den Fronten des Krieges von Rebellen und Imperium, die wahnsinnig viel Spaß machen. Angesiedelt ist Doctor Aphra übrigens zwischen Episode IV und V. 5. Teenage Mutant Ninja Turtles (IDW Collection) Ich habe in meinem Artikel zum Comicuniversum der Turtles sicher schon den einen oder anderen Superlativ fallen lassen. Turtles bei IDW sollte zum Vorbild für andere Superhelden-Serien werden, was Stringenz und Übersichtlichkeit der Kontinuität und sinnvolle sowie kreative Spin-Offs angeht. Man hat den klassischen Turtles-Charakteren eine Extraportion Hintergrundgeschichte verpasst, neue passende Figuren ergänzt und dem Ganzen einen erwachseneren, aber immer noch bunt-schrägen Look verpasst. Dazu ein bisschen japanische Folklore und Ernsthaftigkeit (und Verletzlichkeit) unserer Helden. Tragisch, dass die Serie in Deutschland nicht fortgesetzt wird, aber zu den Vorzügen unserer Zeit gehört auch, dass ein UK-Import kein großer Kraftakt mehr ist. 4. Snow Angels Jeff Lemire ist einer der erfolgreichsten aktuellen Comicautoren, umso gespannter war ich, was er sich für sein Comixology-Exclusive Snow Angels überlegt hat. Ganz so exklusiv ist es übrigens nicht mehr, da eine gedruckte Fassung über Dark Horse erschien. In einer kalten, eingeschneiten Endzeit leben die Bewohner eines Dorfes beinahe auf Steinzeitniveau. Umgeben sind sie von eingefrorenen, riesigen Maschinen und dem Horror des "Snowman", der einem nach dem Leben trachtet, traut man sich zu weit hinaus. Nach einem brutalen Angriff auf das Dorf, kommen alle Einwohner ums Leben. Lediglich die Schwestern Milli und Mae ziehen mit ihrem Vater fort und versuchen zu überleben. Diese zweibändige Odyssee ist gerade für SciFi- und Endzeitfans ein spannender Leckerbissen. Vom guten Jock stilvoll inszeniert ist es eine dieser Geschichten, die einen beim Lesen süchtig werden lassen. 3. Marsupilami: Die Bestie Im fernen Palumbien wird in den 50ern eine noch unbekannte Tierart entdeckt und über den Hafen von Antwerpen nach Brüssel gebracht. Dort wird es nach seiner Flucht von einem kleinen Jungen aufgenommen und muss gut gehütet werden. Die Geschichte des Marsupilamis, dieses Mal in der echten Welt. Realistisch, tragisch, zwischenzeitlich heiter, aber insgesamt ziemlich düster. Ein interessanter Entwurf, der ein völlig neues Licht auf das bekannte Phantasiewesen wirft, dieses aber nicht weniger sympathisch und umso berührender macht. 2. Rooster Fighter "Da schwillt mir doch mein formidabler Kamm!" Japan wird von Kaijus terrorisiert. Überall zerstören riesige Dämonen Städte und gefährden die Menschen. Einzige Hoffnung: Der Hahn Keiji, der sich mit gefiederter Power den Ungetümen widersetzt und Mensch und Tier beschützt. Man kann die Geschichte als Parodie auf One Punch Man verstehen, das an sich schon eine Parodie auf US- Superheldencomics darstellt. Die Parodie einer Parodie also. So skurril die Prämisse auch ist, es ist nach wie vor beeindruckend: Alles deutet darauf hin, dass es sich bei Rooster Fighter um einen Witz handelt, der nach einem Kapitel an Kraft verliert. Aber weit gefehlt. Der Manga belehrt mich eines besseren und zeigt, wie Worldbuliding und Charakterentwicklung trotz aller Albernheiten gelingen und macht stets neugierig darauf, was wohl als nächstes kommt. Außerdem ist der Manga wirklich umwerfend komisch, wenn Hühner sich an Kaligraphie versuchen und sich zur Paarungszeit der "geile Gockel" bei Keiji meldet. 1. Supergirl: Die Frau von Morgen Star-Autor Tom King nimmt sich Supergirl an und schickt Kara auf eine interstellare Verfolgungsjagd. Im Zentrum steht die junge Ruthye, deren Eltern von einem gewissenlosen Killer ermordet worden sind. Und Rache ist, wie wir wissen, ein Gericht, das am besten kalt serviert wird. Kara und Ruthye ziehen von Planet zu Planet bis sie den Mörder stellen und zur Verantwortung ziehen können. Nachdem ich vorhin Black Science als einen der best-aussehenden Comics betitelt habe, möchte ich auch hier meine Lorbeeren lassen: was Bilquis Evely hier zeichnet und koloriert, ist der Wahnsinn. Die bunten Welten im Stile klassischer Space Operas machen in den zwölf Kapiteln richtig Spaß. Hinzu kommt, dass wir die Geschichte aus Perspektive von Ruthye erleben, die als Erzählerin fungiert und mit ihrer unvoreingenommenen Beobachtung von Supergirl Tiefe in die Erzählung bringt. Ein Superheldencomic, ohne Superheldenquatsch, stattdessen als Rache-Epos mit viel Fantastik und Herz.

  • Meine Top 5 Spiele 2022

    2022 war für mich persönlich kein großes Gaming-Jahr, daher möchte ich meine besten Spielerlebnisse auf eine Top 5 beschränken. Normalerweise hole ich jedes Jahr einige ältere Titel nach, schaue in den Indiebereich hinein und greife seltener auch zu neuen Spielen für Konsole oder PC. Aber auch im Retro- und Indiesektor habe ich relativ wenig gespielt, da es 2022 nicht nur ein paar private Aufgaben zu meistern gab (es wurde geheiratet😊), sondern auch das initiale Aufsetzen von Panel, Frame & Pixel hat ein bisschen Zeit verschlungen. Da blieb neben Filmen und Comics die Zockerei etwas auf der Strecke. Daher folgt hier eine kurze und knackige Auswahl meiner Gaming-Highlights aus dem letzten Jahr. Wichtig: Hierbei geht es um Spiele, die ich 2022 gespielt habe, das Erscheinungsdatum spielt für die Aufnahme in diese Topliste keine Rolle. Honorable Mention: Sonic Triple Trouble 16bit (PC, 2022) Dieses 16bit-Remake des alten Game Gear Jump'n'Runs habe ich bereits vor einigen Monaten näher beleuchtet. Das Spiel ist nicht nur als non-kommerzielles Ein-Mann-Projekt bemerkenswert, es steht anderen 16bit-Sonics in kaum etwas nach. Meinen ausführlichen Test lest ihr hier. 5. WipeOut Omega Collection (PS4, 2017) Wenn ich etwas für Rennspiele übrig habe, dann besonders für SciFi-Rennspiele. Als Vorreiter dieses Subgenres gilt gemeinhin F-Zero für den Super Nintendo, den Übergang in die dritte Dimension hat allerdings 1995 WipeOut vom britischen Studio Psygnosis auf der Playstation geprägt. Während neue Teile der Serie rar geworden sind, wurde mit der Omega-Collection ein Remaster zwei früherer Titel aufgelegt: WipeOut HD (PS3, 2008) inklusive der Expansion Fury und WipeOut 2048 (PS Vita, 2012). Erhalten habe ich sehr umfangreiche Single Player Kampagnen, äußerst knackige Herausforderungen, die viel Übung erfordern und ein tolles Fahrgefühl. WipeOut spielt sich sehr sensibel und folgt einer gewissen Arcade-Logik, die dem Spieler ein wiederholtes Scheitern und Lernen abverlangt, was mich sehr anspricht. Dazu rasende Geschwindigkeit, futuristische Locations und ein starker EDM-Soundtrack mit Schwerpunkt auf Drum and Bass. Es wäre wirklich an der Zeit, ein neues WipeOut zu veröffentlichen. 4. Zelda: Link's Awakening (Switch, 2019) Dieses Remake des alten Gamboy-Klassikers ist kein Geheimtipp, sondern für jeden Fan traditioneller Action-Adventures ein Pflichtspiel. Nicht nur der charmante 3D-Look ist gelungen, das Spiel ist auch Zeugnis der oft unerreichten Nintendo-Qualität. Hinter der neu modellierten Fassade verbirgt sich das 1993 veröffentlichte Abenteuer, das spielerisch zeitlos ist und vor Augen führt, was für ein starkes Spieldesign bereits zu Gameboy-Zeiten an den Tag gelegt wurde. Dass trotz der Limitierungen der Konsole ein solches Abenteuer entstehen konnte, ist eine Meisterleistung: clever verzahnte Dungeons, eine spannende Oberwelt voller Geheimnisse, sympathische Charaktere und eine der ungewöhnlichsten Zelda-Stories. In der aufpolierten audiovisuellen Verpackung ein tolles Erlebnis. 3. Super Mario 3D World (Switch, 2021) Und noch einmal Nintendo mit einer seiner Kern-IPs. Was soll man zu Mario Jump'n'Runs noch schreiben? Es ist hinlänglich bekannt, wie poliert und fehlerfrei diese Spiele sind. Super Mario 3D World liegt ein wenig im Schatten von Mario Odyssey, da es sich um ein Remaster handelt, denn originär kam das Spiel 2013 auf der Wii U heraus. Es orientiert sich in seiner Struktur aus Oberwelt und Hüpfpassagen stark an den 8bit und 16bit Titeln von Mario und setzt weniger auf Action-Adventure-Einflüsse und Sammelaufgaben als andere 3D-Plattformer. Und diese Konzentration auf das Wesentliche ist einfach erfrischend. Jump'n'Run-Fans finden ein wahres Feuerwerk der Ideen vor, das sich auf den Kern des Genres fokussiert. Die Spielwelt wurde mit so vielen guten Einfällen angereichert, dass praktisch jeder Level ein neues Highlight bietet und neue Fertigkeiten abfragt. Darüber hinaus gibt es genug (aber nicht ausufernde) Bonus-Aufgaben, um in alte Welten zurückzukehren und die 100% zu knacken. Abgerundet wird das durch einen spaßigen Koop-Modus, in dem man Bowser gemeinsam bezwingen kann. 2. Into the Breach (Android, 2018) Dieser Indie-Megahit der rundenbasierten Strategie wurde für praktisch alle Konsolen veröffentlicht, bietet sich aber besonders mobil auf Tablet (z. B. über Netflix-Gaming) oder Switch an. In Into the Breach werden Elemente aus Rundenstrategie, Roguelike und RPG verknüpft, um eine dreiköpfige Crew von Mechwarriorn auf das Schlachtfeld gegen eine außerirische Bedrohung zu schicken. Jeder Mech hat verschiedene Fähigkeiten, lässt sich ausrüstungstechnisch erweitern und die Piloten erhalten ebenfalls Erfahrung, um zusätzliche Fähigkeiten zu erwerben. Ein Scheitern bedeutet allerdings das sofortige Aus - ihr dürft nur einen einzigen Piloten mitsamt seiner Erfahrung zum nächsten Neustart retten. Dieses Spielprinzip geht so gut auf, dass man es als moderne, komplexe Variante von Schach interpretieren kann: einfach zu lernen, schwer zu meistern. Sind die Regeln verstanden, lässt das Spiel einen nur schwer wieder los. Der Pixel-Look und die Soundkulisse schaffen eine übersichtliche und spannende Atmosphäre. Unbedachte Aktionen werden gnadenlos bestraft und schicken einen zurück zum Start. Toller Mix aus simplem, aber anspruchsvollen Gameplay. 1. Ghost of Tsushima (PS4, 2020) Ich stehe ja ein bisschen auf Kriegsfuß mit Open World Spielen. Seit Horizon Zero Dawn und vor allem Red Dead Redemption 2 ist das Genre für mich auserzählt und hat sich in einer überbordenden Ansammlung von Quest-Icons auf einer erschlagenden Weltkarte verloren, die zu wenig Spiel und zu viel Abarbeiten eines Aufgabenkatalogs geworden ist, das hin und wieder mit Cutscenes aufgelockert wird. Zeitintensiv, anstrengend und in den eigentlichen Spielmechaniken völlig uninspiriert. Ghost of Tsushima macht nicht alles anders, bietet mir aber genug Pluspunkte, um die genannten Schwächen aufzuwiegen: Zunächst einmal gestaltet sich die zu erforschende Welt als weniger erschlagend, da sie durch natürliche Wegweiser wie markante Berge, Rauchsäulen oder bspw. Leuchttürme Orientierung bietet. Ein Blick an den Horizont reicht meistens schon. Dazu hat man weitgehend auf ein HUD verzichtet. Anstelle von Questmarkern und Pfeilen, folgt man dem Wind oder wird von der Tierwelt auf wichtige Orte aufmerksam gemacht. Punkt 2 ist das für einen Mainstream-Titel relativ elaborierte Kampfsystem. Im Kontrast zu dem holprigen Gekloppe bei Horizon oder den 0815-Ballereien bei Rockstar Games erweist sich das Katana als filigran kontrollierbar und mit weiteren Zusatzmoves sinnvoll ergänzbar. Zusätzlich sind auch die Stealthmöglichkeiten vielfältig, sodass verschiedene Spielstile zum Erfolg in den Kämpfen führen. Außerdem sind Story und Sidequests zwar erwartbar episch, aber in einem übersichtlichen Umfang vorhanden, der von allen Gamern komplettiert werden kann. Auf plumpe Fetch-Quests weitgehend wurde verzichtet, alle optionalen Missionen bieten schön inszenierte Geschichten mit Charakteren, die ein gewisses Maß an Tiefe erhalten. Schlussendlich ist dann noch das Setting hervorzuheben: nicht, dass ich Western nichts abgewinnen könnte und die Story von bspw. Horizon nicht bombastisch inszeniert wäre. Aber das feudale Japan mit goldenen Laubwäldern, meterhohem Bambus und Samurai wurde noch nie so detailreich in einem Spiel dargestellt. Dazu kommen ein stimmungsvoller Soundtrack sowie viele Anspielungen für Filmfans (es gibt sogar einen Kurosawa-Modus mit schwarz-weiß-Grafik). Eine tolle Spielerfahrung, die ich dank des DLCs Iki Island sicher dieses Jahr wieder besuchen werde.

  • Comic Guide: Teenage Mutant Ninja Turtles

    Die Ninja Turtles waren in den vergangenen Monaten wieder in aller Munde. Fans der kämpfenden Kröten konnten zwei große Gaming-Highlights feiern: nicht nur ist mit Return of the Shredder ein von Fans und Presse gelobtes Beat 'em Up erschienen, das spielerisch an die Erfolge der frühen Neunziger anknüpft. Mit der Cowabunga-Collection erschien außerdem eine vollumfängliche Sammlung dieser älteren Klassiker aus Arcade und Heimkonsolen. Als wäre das nicht genug, gibt es mit "Rise of the TMNT" (2022) einen neuen Animationsfilm bei Netflix. In Deutschland relativ wenig Beachtung finden hingegen die Comics, die in den USA von IDW veröffentlicht werden und von Panini nur teilweise lokalisiert und bald darauf eingestellt worden sind. Extrem schade, denn dies ist eine der aktuell besten Action/Superhelden-Reihen, die den Pfad der ursprünglichen Mirage-Comics vor der populären 90er-Animationsserie aufnimmt und weiterführt. Was wäre meine Kindheit ohne die Turtles gewesen? Jeden Samstag auf RTL verteilten in den 90ern vier pizzaverrückte Schildkröten und ihr Sensei, die Ratte Splinter, Karate-Kicks an die Superschurken von New York City. Eine Prämisse, die weit von Bodenständigkeit entfernt ist und wahrscheinlich bei vielen Eltern großes Stirnrunzeln erzeugt hat. Neben der Serie und den später durchaus gelungengen Realfilmen (ok, es geht von Teil eins bis drei nicht gerade bergauf) war vor allem das Spielzeug der Hammer. Die superhochwertigen Actionfiguren sind auch heute noch ein Maßstab. Man denke allein an den Pizzawerfer, einen Panzerwagen, der mit Pizza als Munition beladen wurde und diese unter einem Heidenlärm 3m weit abfeuern konnte. Über die Geschichte der Turtles möchte ich nicht allzu viele Worte verlieren: Wichtig ist, dass sie auf einer 1984 gestarteten Independent-Comicserie basieren. Diese wurde von den Kumpels Peter Laird und Kevin Eastman als Parodie auf populäre Superhelden angelegt und als Schwarz-Weiß-Print in Kleinstauflage veröffentlicht. Wichtigstes Vorbild war hierbei Daredevil. In der Geschichte kämpfen vier mutierte antropomorphe Schildkröten im Stile fernöstlicher Kampfkunst gegen einen Superverbrecher namens Shredder. Ursprünglich als One-Shot angelegt, folgten weitere Fortsetzungen, die in der zweiten Hälfte der 80er zu einem Megaerfolg avancierten: mit dem Start einer (deutlich kindgerechteren) Animationsserie (1987-1996) und der dazu passenden, legendären Actionfiguren-Linie schwappte die Schildkrötenwelle auch nach Europa. Kinofilme und weitere TV-Serien folgten, parallel dazu weitere Comics, die stärker auf der TV-Serie basierten und nicht mehr von Eastman und Laird stammten. Da die beiden Schöpfer sich bitterböse zerstritten, wurde mit den Turtles lange Zeit ein ziemlicher Ausverkauf ohne klaren roten Faden betrieben. 2011 erwarb dann der amerikanische Verlag IDW Publishing die Rechte und wagte den Neuanfang. Deutlich näher an der ursprünglichen Vorlage gehalten und mit Schöpfer Kevin Eastman an Bord, mündete dieser Versuch in einer starken Hauptreihe, die bis heute andauert und sogar Crossover mit u. a. Batman bietet. Aus meiner Sicht verbindet die Reihe alle Stärken der originären Mirage-Comics, der ersten Zeichentrickserie und des ersten Kinofilms: düstere Großstadtkulisse, Ausflüge in andere Dimensionen, Mutanten mit dem Herz am rechten Fleck und die Extraprise fernöstliche Folklore. Der Humor kommt dabei nie zu kurz, ohne dass die Serie gewollt witzig sein will und in Klamauk ausarten würde. Mirage Comics: Das Original von Eastman und Laird Die erste Comicserie von 1984, die independent in Schwarz-Weiß-Heften veröffentlicht wurde, handelt primär vom Kampf gegen Shredder und den Foot Clan - hinzu kommen Killerroboter, Triceratops-Aliens und der Wissenschaftler Baxter Stockman, der auch aus der Zeichentrickserie bekannt ist. Dankbarerweise wurde die Serie bei IDW als "The Ultimate Collection" neu aufgelegt (Paperback und Hardcover). Diese enthält neben der Hauptstory die sogenannte Micro-Series: One-Shots, die sich um einzelne Hauptcharaktere drehen und persönliche Hintergrundgeschichten bieten. Besonders schön: Zwischen den Kapiteln gibt es ausführliche Notizen der Schöpfer über den kreativen Entstehungsprozess, die sich kein Fan entgehen lassen sollte. Auch Lesern, denen der alte Zeichenstil zu trocken sein könnte, rate ich gerade aufgrund dieses Extras unbedingt zum Kauf! Die Ultimate Collection besteht aktuell aus sechs Bänden, der siebte Band soll im Februar 2023 erscheinen. Alternativ erden die Stories auch nachkoloriert als "TMNT Color Classics" aufgelegt. Tales of the Teenage Mutant Ninja Turtles: Mirages Zugabe In "Tales of the TMNT" finden sich Geschichten, die ab 1987 als Ergänzung der Mirage Abenteuer erdacht worden sind. Zu Beginn federführend von Eastman und Laird. Artstyle und Storytelling entsprechen daher anfangs der Vorgängerserie, bevor dann andere Künstler das Ruder übernehmen. Charaktere wie Leatherhead oder der Rattenkönig wurden hier initial eingeführt. Ich persönlich bin kein großer Fan der Cover-Artworks und noch nicht zur Lektüre dieser Serie gekommen, von der es acht Bände gibt. Die Etablierung bekannter Schurken macht sie aber attraktiv und ein Blick in den ersten Band sieht vielversprechend aus. Interessant ist außerdem, dass hier u. a. das Comic-Schwergewicht Rick Remender (Black Science, Deadly Class) als Autor und Zeichner tätig war. Teenage Mutant Ninja Turtles Classics In dieser, etwas seltener zu findenden, Classics-Collection gibt es eine Zusammenstellung diverser Kurzgeschichten von verschiedenen Künstlern - nach allem, was ich gelesen habe, schwankt nicht nur die Qualität, sondern es gibt auch Redundanzen, da einige der Stories auch in anderen Ausgaben erschienen sind (primär in den "Tales of the TMNT"). Mir war es bisher keinen Kauf wert, mich persönlich zu überzeugen, da die Leserreviews ein sehr gemischtes Bild zeichnen (mit vielen Tendenzen nach unten). Dieses negativ behaftete Bild zieht sich leider durch alle Bände des "Classics"-Labels. Nicht verwechseln darf man diese Ausgaben mit den "Black & White Classics" und "Color Classics", die Inhalte unterscheiden sich! Archie Comics: Turtles Adventures Diese Reihe aus den frühen 90ern orientiert sich stärker an der TV-Serie und ist etwas kindgerechter als die Mirage Comics. Dennoch winken einige fast schon bizarre Storylines mit seltsamen Charakteren wie z. B. Cudley, der transdimensionalen Kuh oder Wyrm, der aus einem norwegischen Wurm mutiert ist. Kenner der Actionfiguren werden hier bekannte Gesichter treffen. Auch diese Serie wird bei IDW unter dem gleichen Titel in Sammlungen verkauft, von denen es 16 Bände gibt. Aus meiner Sicht bietet diese Serie einige kuriose Abenteuer und hat einen wunderbaren 90er-Charme, ist aber kein empfehlenswerter Einstieg. Als Zusatzlektüre bietet sie einzigartige Unterhaltung mit skurrilen Abenteuern, ist aber nicht durchgängig von hoher Qualität. In Deutschland wurden die Adventures bei Condor verlegt, diese Ausgaben gibt es zum kleinen Preis z. B. bei Ebay zu finden. Außerdem sind in den Condor-Ausgaben Stories von britischen Künstlern enthalten, die ausschließlich für den europäischen Markt bestimmt waren. IDW Publishing: Der große Reboot Der 2011 bei IDW gestartete Reboot der Turtles ist der Startschuss der Serie, die bis heute läuft und in über 130 Ausgaben sowie zahllosen Spin-Offs mündete. Die Comics bedienen sich der leicht rauen, aber humorvollen Tonalität der Original-Comics, Eastman ist künstlerisch mit an Bord und die Zeichnungen sind wunderbar "gritty". Charaktere erhalten Tiefe und neben alten Bekannten wie April und Casey Jones kommen neue Helden und Schurken hinzu, die das Universum bereichern. Herauszuheben ist die mutierte Schneefüchsin Alopex, die ein bisschen den Wolverine der Turtles-Comics darstellt und zum großen Fanliebling wurde. Erzählerisch ist toll, dass man wie bei den Mirage Comics den Kniff benutzt, parallel zur Hauptstory sogenannten Micro-(und Macro)-Stories zu veröffentlichen, die sich um jeweils einen Protagonisten oder eben Antagonisten drehen. Diese Spin-Offs gehören zu den großen Highlights, denn wer wollte nicht schon immer die Backstory von Krang erfahren und miterleben, wie bedrohlich die anarchischen Handlanger Bebop und Rocksteady sein können, wenn man sie ungehindert walten lässt? Die Micro-Ausgaben sind ein Must-Have zum Lesestart. Da die Reihe in Deutschland nach 10 Bänden 2016 eingestellt wurde (entspricht #1-28), empfiehlt sich eine von zwei Arten, hierzulande an ihr teilzuhaben: entweder man greift zur "IDW Collection", die die Hauptserie und Micro-Series in aktuell 14 Bänden vereint (auch sehr schicke Hardcover) oder man nutzt digitale Kanäle, also entweder die IDW-App oder Comixology. Ich bin nicht (mehr) der größte Comixology-Freund, aber die IDW-App ist so unterirdisch, dass ich sie niemandem guten Gewissens empfehlen kann. Bei Comixology lassen sich einige Ausgaben kostenlos herunterladen - unbedingt mal reinschauen. Generell ist diese Reihe mit der #1 von 2011 neben den Mirage Comics der empfehlenswerteste Einstieg. Einen Überblick über die ersten Events und Reading Order findet ihr hier: Bonus: Die besten Spin-Offs Turtles in Time: Namentlich an den bekannten SNES-Klassiker angelehnt, verschlägt es die Turtles auf eine Reise in die Vergangenheit quer durch verschiedene Epochen mit Dinosauriern, Piraten und Samurai. Abwechslungsreich, da jede Zeitebene von anderen Künstler*innen verwirklicht wird. Turtles vs. Batman: Hiervon gibt es drei Volumes, die alle von James Tynion IV. geschrieben wurden. Diese werden in deutscher Sprache bei Panini vertrieben. Bebop & Rocksteady Hit the Road: Zwei der abgefahrensten und brutalsten Charaktere im Turtles-Universum auf einem Road Trip im Wettlauf gegen die Zeit. The Secret History of the Foot Clan: Wichtige Bereicherung der Turtles-Lore - der Titel hält, was er verspricht. Shredder in Hell: Was ist nach Oruku Sakis Tod mit ihm geschehen? Wie konnte er als Shredder auf die Erde zurückkehren? Origin-Story des Hauptwidersachers. Jennika: In dieser Story geht es um das ehemalige Elite-Mitglied des Foot-Clans namens Jennika und wie sie zu einem weiteren Mitglied der Turtles wurde. TMNT/Ghostbusters: Das Aufeinandertreffen der legendären 4er-Gruppen in New York City ist ein Wirklichkeit gewordener Traum aller 80s- und 90s-Kids! The Last Ronin: Diese Koproduktion von Eastman, Laird und Tom Waltz wurde in den höchsten Tönen gelobt und verschlägt uns in eine postapokalyptische Zukunft, in der ein einsamer Schildkröten-Ninja nach Gerechtigkeit sucht. Must-have! Neben den vorgestellten Reihen existieren außerdem Comics, die auf den Nickelodeon-Serien basieren. Primär die "Amazing Adventures" und "TMNT Animated" gehören hierzu. Sie richten sich an ein deutlich jüngeres Publikum, haben mit Sicherheit ihre Berechtigung, aber werden generell nicht als Kanon betrachtet. Ich hoffe, dass ihr einen ersten guten Überblick erhalten habt. Dieser hierzulande leider unterschätzte Superhelden-Comic ist in seinen Story Arcs und Spin-Offs deutlich stringenter und oft auch qualitativer als vieles von Marvel und DC. TMNT bietet ein koherentes Universum, spannende Story Arcs mit großen, aber nicht überbordenden Events und kreative Charaktere mit Tiefe in einer erwachsenen Aufmachung. Deutlich weniger Ausschuss als bei herkömmlichen Superhelden, weniger verwirrende Überschneidungen mit parallelen Serien und eine Reading Order, für die man keinen Doktortitel benötigt. Selbst Komplettisten brauchen keine Angst vor dem Nervenzusammenbruch haben, eine vollständige Sammlung wäre ein zwar ein sehr ambitioniertes, aber durchaus mögliches Ziel. Den einfachsten ersten Eindruck erhaltet ihr, wie schon erwähnt, bei Comixology, wo ihr einige Ausgaben kostenlos lesen könnt. Also: packt die Nunchakus ein, schnappt euch ein Stück Pizza und begebt euch in die Kanalisation!

  • Review: Sonic Triple Trouble 16-Bit (PC)

    1994 erschien für Segas Handheld, den Game Gear, Sonic Triple Trouble. Dies war der sicherlich aufwendigste 8bit-Teil der Jump'n'Run-Reihe mit Segas Maskottchen. Vor kurzem hat der Entwickler Noah Copeland ein 16-Bit Fan-Remake dieses Klassikers veröffentlicht, um uns zu zeigen: wie hätte Sonic Triple Trouble auf dem Mega Drive ausgesehen? Sonic Triple Trouble ist eines der Spiele, dass ich in meiner Kindheit unzählige Male durchgespielt habe. Der Game Gear war meine erste eigene Konsole und da Jump'n'Run das Genre der Stunde war, stand auch Sonic hoch im Kurs. Zugegeben, als Kind (ich war damals ca. 7 Jahre alt) war es ohnehin schwer vorstellbar, dass Videospiele anders ablaufen, als mit einer hüpfenden Cartoonfigur seitwärts scrollende Abenteuer zu bestehen. So störte mich damals auch nicht, dass in den Handheld-Versionen Sonics Geschwindigkeit nie wirklich aufkam, die Sprites zu groß, der Bildschirmausschnitt zu klein und die Framerate meist im Keller war. Das Spiel bot trotz alledem abwechslungsreiche Welten, den Anreiz alle Bonus-Level zu bestehen, einen großen Cast Sonic-Charaktere (bevor wir bei "Sonic's shitty friends" angekommen waren), spektakuläre Boss-Gegner und sogar einen richtigen Ohrwurm-Soundtrack. Bei der ersten Nachricht über das erscheinende 16bit-Remake dachte ich: OK, jemand hat wahrscheinlich das Originalspiel in höherer Auflösung aufbereitet und die Sprites mit den Mega Drive Versionen ausgetauscht. Weit gefehlt: Zwar kommen bekannte Mega Drive Assets zum Einsatz, aber nicht umsonst hat die Arbeit an dieser vollwertigen Neuinterpretation ganze 5 Jahre gedauert. Ich ziehe meinen Hut vor allen Beteiligten! Hier findet sich eines der beeindruckendsten Fan-Games, die ich spielen konnte. Alle Level wurde vollständig neu interpretiert, ergänzt, neue Level eingefügt, Bosse erweitert und vieles mehr. Nachdem ich zwei Mal den Abspann gesehen habe, nehme ich vorweg: die Arbeit hat sich ausgezahlt, der Download dieses kostenlosen Spiels ist sehr lohnenswert. Auf der verlinkten Website erhaltet ihr die Vollversion zum Download: SONIC TRIPLE TROUBLE 16-BIT Technisch hat man sich bei Sonic 3 bedient und Animationen und Sprites primär aus diesem Teil übernommen. Das passt auch, denn mit den Auftritten von Knuckles und kurzen Ausflügen auf Angel Island werden Anknüpfungspunkte zum dritten Teil geschaffen. Inhaltlich starten wir direkt im Anschluss an die Geschehnisse aus Sonic 2, nach dem Absturz des Death Egg und einem kurzen Showdown als Super Sonic gegen Robotnik. Der luchst uns einen Chaos Emerald ab und verzieht sich - außerdem tauchen Metal Sonic und ein Charakter namens Nack The Weasel (bzw. Fang The Sniper) auf, der in diesem Teil seine Premiere feiert. Die Namensverwirrung um letztere Figur rührt aus der Lokalisierung, außerhalb Japans war der Name offiziell Nack, allerdings wurde dies nicht konsistent in allen Spielen beibehalten. Nur um die Detailliebe in diesem Remake zu zeigen: im Optionsmenü wurde die Auswahl integriert, welchen Namen man bevorzugt (nicht, dass er oft genannt werden würde). Story war noch nie die Stärke der Sonic-Spiele, dennoch wird das Intro liebevoll inszeniert, bevor es wie gewohnt weitergeht: wir rennen und springen durch sechs Welten zu je 2-3 Akten von links nach rechts. Zum Ende der Akte folgen Bosskämpfe gegen Robotniks Schergen, Knuckles oder Fang (ich randomisiere den Namen ab jetzt). Zusätzlich müssen wir die versteckten Eingänge zu Bonus-Leveln finden, um alle Chaos Emeralds zurückzuerlangen. Diese betreten wir wie in Sonic 3 durch versteckte Ringportale. Ohne die Chaos Emeralds gibt es keinen richtigen Abspann und es heißt: Try Again. Neu sind einige Zusatzlevel: so gibt es nach Level 3 die komplett neue Egg Zeppelin Zone, die an Wing Fortress aus Sonic 2 erinnert. Auch der finale Showdown wurde im Vergleich zur Game Gear Version ziemlich aufgemöbelt. Zu guter Letzt eine kleine Offenbarung für mein siebenjähriges Ich: zum ersten Mal darf Sonic Triple Trouble mit Knuckles und Nack gemeistert werden. Letzterer hat neben der Sprungattacke noch einen Colt als Waffe. Die Welten wurden visuell und spielerisch super umgesetzt. Sprites und Hintergründe erweitern sich von Akt zu Akt und wir erhalten kontinuierlich neue Gegner und Gameplay-Features wie Laserfallen, Überschallrühren, ein Snowboard und sogar ein U-Boot. Damit wird Triple Trouble der erste Sonic-Teil, in dem der obligatorische Wasserlevel einer der spaßigsten ist. Viele der Features stammen aus der 8-Bit Vorlage. Aber bspw. das U-Boot konnte ursprünglich nur Tails nutzen und das als rein optionales Gadget. Im Remake wurde ein kompletter Akt rund um dieses Vehikel designt. In der Tradition von Sonic 3 wurden alle Level achterbahnartig designt und lassen Sonic Triple Trouble zum ersten Mal so schwindelig schnell werden, wie es auf dem Game Gear technisch unmöglich war. Dabei fasern die Level nicht zu sehr aus und fühlen sich etwas kleiner als bspw. in Sonic Mania an. Das ist durchaus positiv anzumerken, denn die Suche nach den goldenen Bonus-Ringen gestaltet sich dadurch weniger frustrierend. Auch die Bossgegner wurden ziemlich aufgewertet, nicht nur graphisch, sondern auch was ihre Angriffsmuster und verwundbaren Punkte angeht. Die Kämpfe gegen Fang wurden aus den Bonuszonen in die Hauptlevel verlegt. Bonuslevel wurden aber ebenfalls neu gestaltet und bieten ein 3D-Rennen gegen Fang, in dem auch das Flugzeug von Tails zum Einsatz kommt. Auch dies ist eine sinnvolle Erweiterung der bereits auf dem Game Gear vorhandenen Grundidee. Als geübter Sonic-Spieler kann man nach ca. 2 Stunden den Abspann sehen, was der Länge der Mega Drive Spiele entspricht und damit etwas umfangreicher als das Original ist. Zum Vergleich die Screenshots des Game Gear 8bit-Originals: Wer die richtigen Nostalgieknöpfe beim Retrogamer drücken will, kommt um einen Faktor nicht herum: den Sound. Der Game Gear hatte nicht den dankbarsten Soundchip, dennoch hatte Sonic Triple Trouble einen der für die Systemverhältnisse besten Soundtracks mit erinnerungswürdigen Meldodien. Das Theme aus Sunset Park Akt 3 ist neben dem Poloy Forest aus Tails Adventure die beste Musik auf dieser Konsole. Wer möchte, darf hier natürlich reinhören (Links führen auf YouTube): Sunset Park Akt 3 (Game Gear): LINK Sunset Park Akt 3 (16-Bit Remake): LINK Poloy Forest, Tails Adventure (ihr wollt es doch): LINK Auch bei der Musik kommt die Liebe zum Detail rüber: anstatt in jedem der drei Levelakte die gleiche Melodie abzuspulen, kommt Variation ins Spiel. Jeder Folgeakt bringt einen Twist, bspw. einen anderen Groove, ein zusätzliches Instrument - auch die Stimmung ändert sich mal. Wenn wir im Meta Junglira Akt 2 von Fang in einen unterirdischen Tempel gestürzt werden, wird die exotisch-fröhliche Dschungel-Melodie zu einer mysteriös-düsteren Variante umarrangiert. Was mir außerdem gefallen hat: der Schwierigkeitsgrad wurde angenehm flach gehalten. Sonic richtet sich nie an Pro-Gamer, es wurden aber nervige Frustquellen eliminiert: zum ersten Mal ist es möglich, Bonuslevel per Extraleben noch einmal zu versuchen. Dies hat mir einige graue Haare erspart. Umso wichtiger wird es dadurch, zuvor genug Extraleben zu sammeln und sich vorzubereiten. Darf Sega meinetwegen in den offiziellen Teilen genau so übernehmen. Obendrauf kommen noch unendliche Continues, die einen zu Beginn des aktuellen Aktes neu starten lassen (also nicht zurück zu Akt 1). Die angemerkte, übersichtliche Größe der Level lässt nur selten Orientierungslosigkeit aufkommen (was in manchen Sonic-Teilen deutlich chaotischer aussieht). Ebenfalls ein Pluspunkt. Allerdings hat das Game noch ein paar kleinere Macken, die hoffentlich mit den nächsten Patches behoben werden: Will man nach einem Treffer die verlorenen Ringe wieder einsammeln, stimmt Ring-Physik manchmal nicht ganz mit anderen Teilen überein. Oft verpasst man Ringe wegen ungenauer Kollisionsabfrage oder sie bouncen in völlig unerwartete Richtungen. Spielt man mit Sonic und Tails im Doppel, nimmt Tails einen manchmal ungewollt auf Flugtour mit. Das kann beim Mashen des Jump-Buttons besonders in den Bosskämpfen passieren und kostet einen meist die gesammelten Ringe. Diese Bugs lassen sich mit Sicherheit noch fixen und stellen keineswegs ein Argument gegen den gesamtheitlichen Spielspaß dar. Mein Fazit ist keine Überraschung: Sonic Triple Trouble 16-Bit ist ein grandioser Spaß. Nicht nur für Nostalgiker, die das Original gespielt haben. Es reiht sich qualitativ in die klassischen 2D Sonic-Plattformer ein und ist Totalausfällen wie Sonic 4 meilenweit überlegen. Warum bricht sich Sega selbst stets jahrelang einen ab, um hochwertige Games in diesem Franchise herauszubringen? Beeindruckend, welche Arbeit in dieses non-kommerzielle Projekt geflossen ist. Danke, lieber Noah!

  • Preview: Mega Drive Mini II - Darauf freue ich mich besonders

    Die Ankündigungen erfolgten über Wochen portioniert und tröpfchenweise, aber nun sind alle Infos vorhanden: die komplette Spieleliste sowie der Releasetermin des Mega Drive Mini II am 27. Oktober 2022 sind offiziell. Vorbestellungen sollen ab September möglich sein. Ingesamt sind 61 Spiele in der europäischen Fassung inklusive, die damit dem amerikanischen Genesis Mini 2 inhaltlich entspricht. Zum Vergleich: Der erste Mini, der 2019 veröffentlicht wurde, enthielt 42 Spiele. Die japanische Mini-II-Variante enthält eine abgewandelte Spieleauswahl, auf die ich hier aber nicht näher eingehen möchte. Eine Besonderheit im Vergleich zum Vorgängermodell ist, dass diesmal auch Spiele für das Mega CD mit dabei sind. Die Zusatzhardware von Sega war damals nur mäßig erfolgreich und ist besonders durch seine FMV (Full-Motion-Video) Games berühmt-berüchtigt: diese setzten den CD-Speicher für interaktive Videosequenzen ein, waren spielerisch aber meist nicht der Rede wert, da sie nur wenig Entscheidungsspielraum boten. Historisch betrachtet sind sie aber nicht uninteressant und oft kurios (amateurhafte Schauspieler und hanebüchene Dialoge inklusive). Ein großes Plus bot das Mega CD allerdings in Punkto Klangtiefe, da man hier auch echte Audiodateien anstelle von Midi-Sound verwenden konnte. Insgesamt findet man eine ausgewogene Mischung quer durch alle Genres auf der Konsole. Bekannte Klassiker, Geheimtipps und ein paar Exoten inklusive. Da man bei der großen Anzahl an Spielen schnell die Übersicht verliert, möchte ich euch die Titel näher bringen, auf dich ich mich ganz besonders freue. Einige obvious Choices habe ich ausgespart - zu Sonic CD muss man nichts mehr schreiben und dass die Lunar-Spiele eine wahre Bereicherung für jeden RPG-Fan sind, versteht sich von selbst. Ristar (MD, 1995) Ristar ist ein relativ spät erschienenes Jump‘n‘Run in der Tradition typischer Maskottchen-Hüpfer der frühen 90er. Im Gegensatz zu Totalausfällen wie Bubsy ist dieses aber ein technisches und spielerisches Highlight, das graphisch, klanglich und spielerisch begeistert. Hinter dem Titel steht Sonic-Schöpfer Yuji Naka, was optisch direkt auffällt, sich in den Levels aber weniger schnell und geradliniger präsentiert. Ich habe als Kind die Fassung für den Game Gear rauf und runter gespielt. Dies ist einer der besten Genrevertreter für den Mega Drive. Ecco CD / The Tides of Time (MCD, 1995) Wenige Titel werden so sehr mit Segas 16bit-Zeit verknüpft wie die Abenteuer des Delphins Ecco. Diese waren Anfang der 90er weit verbreitetes Showcase-Material, das man im Karstadt probespielen konnte. Die Abenteuer üben noch immer einen großen Charme aus, man sollte den Schwierigkeitsgrad dieser knallharten Action-Adventures jedoch nicht unterschätzen. Da Teil 1 und 2 hier in der Mega CD Fassung dabei sind, verspreche ich mir besonders soundtechnisch viel. Ich habe Ecco bislang nie erlebt und werde dies nun endlich nachholen. Alien Soldier (MD, 1995) Der Entwickler Treasure hat für Sega einige Action-Klassiker geschmiedet, u.a. Gunstar Heroes und Ikaruga. Alien Soldier ist ein Platform-Shooter, der beinahe ausschließlich aus Bosskämpfen besteht und kostet heute als Original-Cartridge 400€ aufwärts. Das Ding gilt als Geheimtipp und ich freue mich sehr, dass das seltene Spiel auf dem Mini II enthalten ist. Shining Force CD (MCD, 1994) Shining Force ist als Mix aus RPG und rundenbasierter Strategie längst ein Klassiker. Teil 1 habe ich auf dem Mega Drive Mini zum ersten Mal durchgespielt und ich hätte direkt weiter machen können - was ich nun auch tun werde. Die Menügestaltung ist aus heutiger Sicht etwas hakelig, geht aber nach einiger Zeit in Fleisch und Blut über. Kampfsystem und hohe Charakteranzahl bieten hohe Spieltiefe und eine coole Abwechslung aus Erkundung, Dialogen und Kämpfen. Shining Force CD ist ein Remake der Game Gear Teile mit verbesserter Grafik und Sound. Ein sicherer Garant für viele Stunden Spaß. Silpheed (MCD, 1993) Ein Spiel, das wahrscheinlich primär alten Sega Nerds ein Begriff ist. Für die PS2 gab es vor Jahren einen wenig beachteten, aber ziemlich guten Nachfolger, den ich zu Studentenzeiten gezockt habe. Silpheed hat seinerzeit eine polygonale Grafik aufgefahren, die wirklich beeindruckend war und auf Konsolen wahrscheinlich nur durch Starfox und Virtua Racing getoppt wurde . Das stimmige Space-Setting macht Bock darauf, sich in den Gleiter zu setzen und das All zu retten (ich gehe ohne viel Vorwissen davon aus, dass es darauf hinausläuft). Soleil (MD, 1994) Ein sehr offensichtlicher Zelda-Klon aus dem Hause Sega, aber man tat man was man tun musste und bot den Spielern außerhalb des Nintendo-Kosmos eine Alternative zu Links Abenteuern in Hyrule. Ich habe den Titel einmal durchgespielt und muss sagen: es hat weder das ikonische Design, noch das perfekt ausbalancierte Gameplay eines Zelda - es ist aber dennoch eine einzigartige Reise mit einer packenden Story und vielen Überraschungen. Anstelle von Waffen und magischen Items stehen euch tierische Verbündete mit unterschiedlichen Fähigkeiten zur Seite, um die Monster-Apokalypse abzuwenden. Granada (MD, 1990) Granda ist ein non-linearer Taktik-Shooter, der im futuristischen Afrika angesiedelt ist. Eure Aufgabe ist es, verwinkelten Städte und Basen von Cyber-Gegnern zu befreien und weitere Missionsziele zu erreichen. Klingt unspektakulär, macht nach kurzem Probespielen aber gewaltigen Spaß. Shadow Dancer: The Secret of Shinobi (MD, 1990) Als Fan der Shinobi-Reihe freue ich mich sehr, dass dieser manchmal übersehene Teil der Reihe mit dabei ist. Shinobi II ist zwar ebenfalls auf dem Mini II (und sollte unbedingt nachgeholt werden, wenn das noch nicht geschehen ist), Shadow Dancer fehlt mir persönlich aber noch. Martial Arts Helden, SciFi-Action und Roboter, ein bösartiger Ninja-Clan, der New York verwüstet: wenige Reihen atmen so sehr den Geist der späten 80er/frühen 90er wie Shinobi. Final Fight CD (MCD, 1992) Final Fight eröffnete in den 80ern eine der prägendsten Beat‘em‘Up-Reihen überhaupt, von der auch der Sega Klassiker Streets of Rage inspiriert wurde. Im Gegensatz zu dem ebenfalls von Capcom entwickelten Street Fighter, hat diese Serie den Sprung über die 90er hinaus leider nicht hinbekommen. Aber wer weiß, Streets of Rage 4 erschien ja auch knapp 30 Jahre nach Teil 3. Umso schöner, dass mit Final Fight CD eine eher seltenere Fassung mit an Bord ist, die das einzige Release für eine Sega-Konsole darstellt. Night Trap (MCD, 1992) Night Trap ist mittlerweile berühmt-berüchtigt und steht sinnbildlich für die gesamte Sparte der FMV-Spiele des Mega CD. Während einer Teenager-Pyjama-Party muss der Spieler verhindern, dass eine Armada aus Hightech-Vampiren eindringt, um den jungen Gästen ihr Blut zu stehlen (das Blut wird mit staubsaugerartigen Schlauchmaschinen abgezapft). Um die Vampire zu stoppen, nutzt der Spieler Überwachungskameras, die die Teenager observieren und Fallen im Haus auslösen können. Teenager mit Überwachungskameras auf einer Pyjama-Party beobachten - überhaupt nicht creepy. Night Trap ist kein spielerischer Meilenstein, aber ein sehr skurriles Stück Videospielgeschichte. Puyo Puyo SUN (MD, 2022) Dieser Port des Puzzle-Spiels von 1997 wurde exklusiv für das Mini II produziert und hiermit erstmals veröffentlicht. Ursprünglich erschien es für Saturn und Playstation. Nach aktuellen Angaben handelt es sich hierbei exklusiv um den Multiplayer-Modus. Puyo Puyo (im Westen: Dr. Robotniks Mean Bean Machine) ist vor allem in Japan Kult und einer der besten Tetris-Klons, der auch heute noch ein hohes Suchtpotential und gegen Mitspieler hohe Schadenfreude verspricht. Desert Strike (MD, 1992) Dass mit Desert Strike 1992 ein Spiel zu einem damals aktuellen Konflikt, dem Golfkrieg, veröffentlicht wurde, ist geschmacklich extrem fragwürdig. Nichtsdestotrotz bietet die Strike-Serie auf dem Mega Drive einen fordernden Taktik-Shooter mit Spieltiefe und ausgereifter Technik, der planerisches Agieren und gute Kenntnis über das Einsatzgebiet erfordert. Das Spielprinzip und die Aufmachung wirken auf den ersten Blick altbacken, aber die nüchterne Aufbereitung und das geradlinige Konzept lassen einen unkompliziert und schnell eintauchen. Earthworm Jim 2 (MD, 1995) Dieses Meisterstück besaß ich damals für den PC und habe es unzählige Male durchgespielt. Im Vergleich zu Teil 1 wurden hier alle Genrekonventionen über Bord geworfen und stattdessen ein Mix aus Action, Geschicklichkeit und kleinen Rätseln mit viel Humor zusammengerührt. Wer die gleiche Platform-Action wie im Vorgänger erwartet, kann leicht enttäuscht werden, jedoch wartet hier ein richtiges Ideenfeuerwerk voller denkwürdiger und abgefahrener Momente. Herzog Zwei (MD, 1989) Herzog Zwei ist (neben Dune II) einer der Urväter der Echtzeitstrategie aus der 16bit-Ära. Bevor dieses Genre durch Titel wie Age of Empires und Warcraft ausdefiniert wurde, war es dieses Spiel , das viele der Elemente auf den Weg brachte: Basisaufbau, verschiedene Truppentypen bauen, Angriff und Defensive aufeinander abstimmen. Dabei agiert man nicht mit dem Cursor, sondern lässt einen Kampfjet bzw. Mechroboter die Aktionen ausführen. Wie gut der Titel gealtert ist, wage ich noch nicht einzuschätzen, historisch ist er äußerst relevant. Vectorman II (MD, 1996) Ein sehr später Actiontitel, der wenig Beachtung geschenkt bekommen hat und nur in den USA veröffentlicht wurde. Man bedenke, dass zu dieser Zeit bereits Sega Saturn und Sony Playstation auf dem Markt waren. Teil 1 wurde damals in der (Sega-nahen) Presse sehr gehypet, was man heute nur noch bedingt nachvollziehen kann. Technisch hat man hier viel aus dem alten Mega Drive rausgeholt, Leveldesign und Gameplay waren ordentlich, aber auch nicht mehr, kurzum: Vectorman war ein guter Action-Sidescroller, aber kein Probotector oder Gunstar Heroes. Nichtsdestotrotz schön, den seltenen Teil 2 hier zu inkludieren. Thunder Force IV (MD, 1992) Lightening Force ist ein horizontaler Space-Shooter aus der beliebten Thunder Force Reihe. Starker Sound, coole Optik, wie sie heute jedem Retro-Indie-Titel alle Ehre machen würden. Sicher eines der Genres, in denen der Mega Drive besonders gegenüber dem Super Nintendo geglänzt hat. Neben diesem Spiel gibt es insgesamt eine sehr gute Shooter-Auswahl auf dem Mini II. Schade nur, dass es das grandiose Gaiares nicht mit auf die Konsole geschafft hat. Thunder Force IV ist übrigens auch als Lightening Force bekannt. Robo Aleste (MCD, 1992) Drehen wir doch die Perspektive um 90 Grad und kommen zum Vertikalshooter. Hier ist die Aleste-Serie eine der renommiertesten Reihen und Robo Aleste stellt einen exklusiven Teil für das Mega CD dar. Visuell etwas eingestaubt, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen: Robo Aleste heimst auch heute noch Höchstwertungen ein. Schade nur, dass der Mega CD Shooter Keio Flying Squadron nicht dabei ist, dann ergäbe sich ein wirklich umfangreicher Querschnitt des Genres auf dem Mega CD. Sewer Shark (MCD, 1992) Zum Abschluss noch ein weiteres FMV-Spiel, einfach weil ich neugierig bin. Sewer Shark ist eine Art Rebel Assault in der Kanalisation. Ein Rail Shooter, in dem ihr unter einer SciFi-Metropole mächtig aufräumen müsst. Nach einem ersten Blick scheinen mutierte Fledermäuse oder ähnliches hier ihr Unwesen zu treiben? Ehrlicherweise sind Spiele dieser Art nicht unbedingt für ihre Tiefe bekannt, aber Sewer Shark genießt den Ruf, hier die Speerspitze zu bilden und einige Überraschungen in Petto zu haben. Fehlt noch was? Wenn ich noch Wünsche frei hätte, gäbe es neben bereits angesprochenen Titeln noch etwas Spielraum. Für das Mega CD wären Batman Returns, Popful Mail oder Snatcher sicher noch spannend. Auf dem Mega Drive kann ich Pulseman, Light Crusader oder Turtles: Hyperstone Heist hinzufügen - aber unterm Strich habe ich nicht viel zu meckern, wenn ich auf die 61 Titel lange Liste blicke. Bei Sega wird der betriebswirtschaftliche Druck ohnehin auch ein Mega Drive Mini III (inkl. 32X?) nicht ausschließen lassen, wir sprechen uns möglicherweise in wenigen Jahren wieder.

  • Guide: Digitale Comics kaufen, sammeln und lesen

    Die Digitalisierung macht auch vor Comics nicht Halt. Was Netflix für Bewegtbild, Spotify für Musik und Kindle für Bücher ausgelöst hat, verläuft in diesem Bereich allerdings deutlich langsamer. Die Gründe liegen u. a. darin, dass Comics und Graphic Novels trotz des Superhelden-Booms ein nischigeres Segment darstellen, das von Sammlern geprägt ist und z. B. in der Nische der franko-belgischen Comics und verwandter Subgenres eher traditionell eingestellt ist. Physische Sammlungen und ein Hang zur Nostalgie vertragen sich mit digitalen Services nicht immer bzw. lassen sich nicht vollständig ablösen oder ersetzen. Ich selbst lese sehr gern digital, pflege aber auch eine physische Sammlung. Nichtsdestotrotz gibt es einige digitale Angebote und wer im Besitz eines Tablets ist, kann sich auf ein tolles Leseerlebnis freuen. Für mich war dies der Hauptgrund, mir ein iPad zuzulegen und ich lese wöchentlich Comics darauf. Eine große Sammlung im Urlaub dabei zu haben, zeitnah auf amerikanische Releases zuzugreifen und zu wirklich günstigen Preisen (dank regelmäßiger Sales) in viele Serien reinzuschnuppern, ohne mein Regal vollzustellen oder wieder verkaufen zu müssen, waren für mich die Hauptgründe. Gute Auflösung und starke Farben dank Hintergrundbeleuchtung runden dies ab. Das verlagsübergreifende "Netflix für Comics" gibt es allerdings nicht (mehr) - diesen Umstand werde ich beim Blick auf Comixology erläutern, dessen Update im Februar 2022 wie ein Beben im Markt war und besonders viele europäische Leser verunsichert hat. Ich möchte euch einen Überblick bieten, welche passenden Apps es gibt, wo Vorteile und Nachteile liegen und was es zu beachten gilt. Zunächst möchte ich aber zwei Begriffe erklären: Guided View Die von Comixology eingeführte "geführte Betrachtung" bietet die Möglichkeit, nicht nur seitenweise, sondern Panel für Panel zu lesen. Die Seite wird in Einzelbilder aufgeteilt, die nacheinander betrachtet werden - größere Bilder oder Doppelseiten werden in semantisch sinnvolle Abschnitte unterteilt, die den Leser durch Bilder und Sprechblasen führen. Besonders bei kleinen Screens wie dem Smartphone macht die Funktion Sinn, da sie manuelles Zoomen erspart. Ich persönlich nutze Guided View sehr viel, auch auf dem Tablet bietet es zusätzlichen Lesekomfort. Es hängt teils vom künstlerischen Stil des Titels ab, wie gut die Nutzung funktioniert, bei Manga steht dieser Modus meist nicht zur Verfügung. DRM DRM steht für Digital Rights Management und stellt, simpel gesagt, die rechtliche Grundlage von Käufen auf heutigen Plattformen wie Kindle und Steam dar. Normalerweise erwerben wir Käufer auf diesen Plattformen nicht das Medium selbst, sondern lediglich das Recht zur Nutzung des Mediums auf ebendieser Plattform. Wir haben keine Möglichkeit, unsere Medien als Backup zu speichern oder unabhängig von der Plattform zu nutzen. Ein großes Problem, möchte man eine Sammlung pflegen. Wer kann schon Dinge sammeln, die ihm nicht gehören? Im Playstation Store, in dem auch Filme verkauft werden, läuft bspw. in diesem Jahr die Lizenz des Filmverleihs Studiocanal aus. Als Konsequenz verschwinden deren Filme vollständig aus dem Store und auch bereits erworbene Filme können nicht mehr abgespielt werden. Die wenigsten Anbieter bieten sogenannte DRM-free Downloads an: wenn diese Option verfügbar ist, können wir nach dem Kauf eine Sicherungskopie herunterladen, auf einem Medium unserer Wahl speichern und überall lesen, wo wir möchten - auch wenn die Verkaufsplattform eines Tages nicht mehr die Rechte besitzt. Diese Option ist bei allen großen Anbietern und Top-Verlagen nahezu ausgestorben, was sehr schade ist. Dies treibt voraussichtlich einige Leser zu illegalen Downloadquellen. Ob eine Rückkehr zu mehr DRM-freien Downloads kommt, ist sehr fraglich. Ich möchte aber vorab dafür sensibilisieren, was ein digitaler Kauf bedeutet und was eben nicht: Kauf heißt nicht Besitz. Comixology Der Big Player, der vor vielen Jahren bereits von Amazon akquiriert wurde, bietet Zugriff auf alle namhaften amerikanischen Verlage. Von DC über Image bis hin zu vielen Manga ist alles dabei - allerdings primär auf Englisch, teils auch Französisch. Deutsche Titel können über Kindle hinzugefügt werden. Comixology war bis vor kurzem das, was dem "Netflix für Comics" am nächsten kam. Ich könnte jetzt darüber schwelgen, wie toll das Tag-System (nach Künstlern, Charakteren, Story-Arcs), die Datenbank, die wöchentlichen Sales, Smart Lists, der Reader und die teilweise DRM-freien Downloads waren - aber das ist die Mühe nicht wert. Denn seit Comixology Anfang 2022 komplett in Kindle integriert wurde, ist davon kaum etwas übrig. Besonders schwer wiegt, dass in der EU die IMDB-artige Datenbank nicht mehr zur Verfügung steht, womit das Stöbern nach Comics in der App nicht möglich ist. Auch der Reader ist seit dem Update etwas ruckeliger, in Zwischenansichten schlechter aufgelöst und im Browser nicht in der Lage, eine Doppelseite darzustellen. Neue Titel können über Amazon, außerhalb der App erworben werden. Natürlich ohne eine Comixology-Startseite (die Website wurde ebenfalls abgeschaltet), sondern über die Suchfunktion eines Stores, der weder inspiriert, dem Medium in seinen Metadaten gerecht wird oder eine Übersicht über neue Releases bietet. Tut alles ziemlich weh. Es wirkt leider, als ob bei Amazon Mitarbeiter verantwortlich sind, die Comicleser nicht verstehen wollen und Usability hassen. Ich muss das so drastisch schreiben, denn dass heutzutage so sehr an einer Zielgruppe vorbei gewirtschaftet wird, ist schier unbegreiflich und unzeitgemäß. Zu allem Überfluss wird seitdem meine Kindle-App von meiner Comicsammlung geflutet, denn dort sind alle Exemplare (völlig redundant) zusätzlich vorhanden. Eine ausführliche Zusammenfassung der Misere bietet dieser Artikel im Tagesspiegel. Einen Lichtblick bietet zumindest Comixology Unlimited - das Comic-Pendant zu Kindle Unlimited, mit dem der Zugriff auf eine Vielzahl von Titeln per monatlichem Abo möglich ist (aktuell nur USA). Seit dem Comixology-Fiasko musste ich mich intensiver damit befassen, welche Alternativen es gibt und vermeide es, auf Comixology Geld zu lassen. Ich nutze seitdem mehrere Apps, lese mehr Print und nutze regelmäßig unsere Zentralbibliothek (was ich euch auch empfehlen möchte, denn die Stadtbibliotheken bieten eine vielfältige Auswahl an). Marvel Die Marvel-App ist ein aktuell erfreuliches Highlight, denn diese setzt beinahe 1:1 auf dem früheren Comixology-Interface auf. Discovery-Funktionen, Suche nach Story-Arcs oder Künstlern, praktisch alle aktuellen und viele klassische Serien - für Marvel-Fans gibt es eine großartige Auswahl, auch Star Wars ist enthalten. Einschränkung ist allerdings, dass alle Titel nur in englischer Sprache verfügbar sind. Wer auch auf Englisch liest bekommt viel geboten. Neben den tollen Entdeckungsfunktionen ist auch der Reader inkl. Guided View und hoher Auflösung genau so, wie er sein sollte. Ehrlich gesagt läuft die gesamte App samt regelmäßiger Sales-Aktionen so rund, dass sie das aktuelle Vorbild für jeden Verlag sein sollte. Wie wir noch sehen werden, kommt danach aber nicht mehr viel auf diesem Niveau. Wer sich nicht davon abschrecken lässt, für nur einen Verlag eine extra-App zu nutzen, bekommt hier ein Bomben-Paket. Oben drauf gibt es auch aus Deutschland die Möglichkeit, Marvel Unlimited zu nutzen und für $60 im ersten Jahr unbegrenzt Marvel zu lesen. Habe dies selbst noch nicht getestet, da ich aktuell mehr Image und Dark Horse lese, für Fans aber sicherlich ein Muss. Dark Horse Den amerikanischen Verlag Dark Horse kennt man insbesondere durch Serien wie Hellboy, The Umbrella Academy, Black Hammer und The Witcher. Auch die Werke von Frank Miller und Stan Sakai sind hier zu haben. Die gleichnamige App des Verlags bietet Zugriff auf praktisch alle Titel in englischer Sprache und dient dabei als Shop, Reader und virtuelles Bücherregal. Für Fans dieser Serien ist Dark Horse ein ansprechendes Angebot. In Funktionalität und Nutzererlebnis ähnelt es der Marvel-App, wenn auch Aufmachung, Nutzerführung und Leserlebnis in Guided View einen Hauch weniger ausgereift wirken. Das ist Jammern auf hohem Niveau, Marvel hat all die Faktoren im direkten Vergleich aber weiter perfektioniert. Als Nutzer erhält man die neuesten Releases zum Stichtag und ca. wöchentlich neue Sonderangebote. Die Titel liegen sowohl als Einzelhefte, Sammelbände oder sogar Omnibus vor und wandern die direkt in eure digitale Bibliothek. Ein Abo- oder Unlimited-Modell gibt es hier allerdings nicht. Unterm Strich kann ich Dark Horse zum Lesen digitaler Comics sehr empfehlen. Nach Marvel ist dies die beste exklusive Verlags-App. Ich bin großer Fan des Hellboy-Universe und allein dafür wird die App bei mir noch lange in Benutzung bleiben (auch wenn ich den einen oder anderen Sonderband gern im Regal stehen habe). izneo Der Anbieter izneo ist mir erst bekannt, seit Comixology sein Update des Todes vollzogen und mich damit auf die Suche nach neuen Möglichkeiten geschickt hat. Hier lassen sich digitale Ausgaben in verschiedenen Sprachen erwerben, was ein großer Vorteil ist. Beim Wechseln der Sprache stehen unterschiedliche Titel zur Auswahl, bspw. ist auf Deutsche einiges von DC mit dabei, da Panini hier sein Sortiment vertreibt. Es lohnt sich also, zwischen den Sprachen zu wechseln, um das Angebot voll auszuschöpfen. Insgesamt gibt es eine abwechslungsreiche Auswahl europäischer, amerikanischer Comic- und Manga-Reihen sowie einige Graphic Novels. Durch das Engagement von von u. a. Panini, Egmont, Carlsen, Tokyopop und Splitter gibt es ein rundes Paket, in dem z. B. auch franko-belgische Comics vertreten sind. Wie gut diese oft großformatigen Alben auf dem Tablet funktionieren, kann ich aus eigener Erfahrung noch nicht berichten. Die App selbst ist in der Benutzerführung nur mittelmäßig. Die Ansicht der eigenen Bibliothek ist sehr unübersichtlich und weder platzsparend noch optisch ansprechend geraten. Auch im Shop gibt es fragwürdige Designentscheidungen, lieblose Präsentationen der Titel und minimalste Infos. Die Optik und Usability sind leider nicht das Steckenpferd von izneo. Die Leseansicht ist funktional, eine Guided View gibt es nicht. Hier könnte in Zukunft bestimmt mehr gehen. Wer auf Deutsch oder auch Niederländisch, Französisch oder Italienisch lesen möchte, bekommt ein insgesamt solides Paket, dass zwar unspektakulär, aber mangels Konkurrenz, in diesen Sprachen fast unumgänglich ist. Besonders die Verfügbarkeit der Splitter- und DC-Titel (wenn auch nur einiger) sprechen dafür. Auch die Welt des Manga kann hier ziemlich gut erschlossen werden. Es ist etwas enttäuschend, dass izneo sein Potential mit Nutzerführung und hakeliger Bedienung verspielt. IDW Auch der amerikanische Verlag IDW, der Serien wie Transformers, Turtles, Star Trek und Sonic veröffentlicht, bietet seine eigene Plattform in Browser und App an. Die angebotenen Marken gefallen mir durchaus gut, insbesondere die laufende Turtles-Serie ist der Hammer. Umso ärgerlicher, dass die angebotene App von vorne bis hinten enttäuscht. Vom ersten Navigieren durch den Shop über schlecht aufgelöste Voransichten bis zu einem sehr spartanischen Reader - da hätte man es vielleicht besser gelassen. Eigentlich unbegreiflich, wie ein solches Projekt verwirklicht werden kann, Entwicklung und Vertrieb einer solchen Plattform müssen kostspielig sein. Ich muss von der IDW-App abraten, da im Vergleich hierzu selbst Comixology gut funktioniert. Am besten, man greift bei Interesse am IDW-Sortiment zu den gedruckten Ausgaben. MANGA Plus Dem Thema digitale Manga lässt sich ein eigener Beitrag widmen, so umfangreich ist die Auswahl. In Japan ist es mittlerweile üblich, dass neue Kapitel per Smartphone während der Pause und in der Bahn gelesen werden. Der Clou ist, dass viele Anbieter die Titel kostenlos und werbefinanziert zur Verfügung stellen. Für Sammler weniger interessant, zum Reinschnuppern und Nachholen von Klassikern aber sehr komfortabel. In diesem Kontext möchte ich MANGA Plus vorstellen und empfehlen. Hier gibt es eine große Auswahl neuer und klassischer Titel: Death Note, Kenshin, Bleach, Chainsaw Man, Jujutsu Kaisen, Dragon Ball, um nur ein paar zu nennen. Gelesen wird kapitelweise, wobei hier zwei mögliche Einschränkungen ins Spiel kommen: in manchen Fällen werden wöchentlich neue Kapitel veröffentlicht, die zeitlich begrenzt gelesen werden können. Ihr könnt sie zwar kostenlos öffnen, ab einem definierten Datum könnt ihr die Kapitel aber nicht mehr öffnen. In anderen Fällen liegt die Einschränkung darin, dass zwar alle Kapitel des Titels von Anfang vorhanden sind (z. B. bei Chainsaw Man), diese aber nach einmaligem Lesen geschlossen werden. Ihr könnt also jedes Kapitel nur ein einziges Mal lesen und nicht zurückspringen. Am Ende der Kapitel folgen Werbeanzeigen, die an dieser Stelle aber nicht das Leseerlebnis stören. Für mich ist es ein großer Spaß, mit MANGA Plus alte Titel nachzuholen oder testweise in neue Serien zu schauen. Aktuell lese ich Rurouni Kenshin und ohne die App wäre ich wohl nicht in den Genuss gekommen. DC Universe Infinite Unter diesem Namen stellt DC Comics all seine Titel per monatlichem Abo zur Verfügung und bietet damit "The Ultimate DC Membership" an. Aber nicht für uns in Deutschland. Zuletzt wurde der Service neben den USA auch in Brasilien, Kanada, Australien und Neuseeland ausgerollt. Für die EU wurde noch kein Start terminiert. Vermutlich halten laufende Verträge mit Publishern wie Panini das Unterfangen auf, es bleibt also aktuell nur eine vage Hoffnung. 2022 wird das sicherlich nichts mehr. Zumindest vertreibt Panini einige DC-Titel auch digital. Diese sind wie erwähnt über izneo, aber auch Apple Books, Google Play Store und Kobo zu beziehen. Ich hoffe, euch damit einen guten Überblick und vor allem Lust auf das Thema gemacht zu haben. In Deutschland ist die Landschaft längst nicht ausgereift, bietet aber trotz einiger mittelmäßiger oder hierzulande fehlender Services eine Menge Spaß. Hinzuzufügen kann ich, dass es viele Ausgaben auch bei Apple Books und im Google Play Store gibt - da diese Apps aber nicht zum Lesen von Comics optimiert sind, war mein Erlebnis eher durchwachsen. Mit den hier vorgestellten Services gibt es aber einige interessante Türen in die Welt der digitalen Comics.

  • Review: Ghostbusters, Sega Mega Drive (1989)

    Titel: Ghostbusters Plattform: Sega Mega Drive Genre: Action Release: 1990 Publisher: Sega Entwickler: Compile USK: - Spieldauer: ca. 5-10 Stunden Spieleranzahl: 1 Wenige Dinge haben meine Freizeit im Grundschulalter mehr geprägt als die Ghostbusters und Sega. Auf Flohmärkten wurden Action-Figuren, Ecto-1 und Feuerwache aufgetrieben und im Vorabendprogramm lief The Real Ghostbusters. Bis heute eine meiner liebsten Trickserien. Parallel dazu hatte ich meine ersten 8bit und 16bit Erlebnisse mit Sega Mega Drive und Game Gear. Besonders Disney-Platformer wie Aladdin und das Sonic Franchise wurden rauf und runter gedudelt. Ghostbusters für den Mega Drive habe ich heute, gut 25 Jahre später, zum ersten Mal ausgiebig gespielt. Der Titel wird in Empfehlungen und Spielesammlungen selten genannt und wurde trotz Retro-Hype nie wieder aufgelegt. Die Chance, selbst auf Geisterjagd zu gehen, war natürlich zu verlockend, um sie liegen zu lassen. Ghostbusters knüpft direkt an den ersten Kinofilm an und lässt sowohl die Geschehnisse aus Teil 2 als auch die Trickserie außen vor. In New York kommt es zu einem vermehrten Auftreten übernatürlicher Erscheinungen, Apartments werden Opfer von ektoplasmatischem Spuk und dann kommt noch eine geheimnisvolle Steintafel ins Spiel. Mysteriös, mysteriös… Das Spiel entspricht einem klassischen Sidescroller im „Run and Gun“-Stil, in dem ihr als einer von drei Ghostbusters Sprungpassagen meistern und Geister erledigen müsst. Richtig gelesen, nur drei. Dass Winston nicht dabei ist, ist bereits ein erster Wermutstropfen, sehr schade. Eure Aufgabe ist es, 6 Stages zu meistern, in denen mehrere „Ghost Encounter“ überstanden werden müssen. An jedem Levelende wartet außerdem ein Bosskampf. Klingt konventionell, den Twist bringt aber der non-lineare Aufbau ins Spiel. Die ersten 4 Level dürfen frei gewählt werden. In ihnen könnt ihr euch frei bewegen, um alle notwendigen Geister zu besiegen und optional per Geisterfalle zu schnappen, um Zutritt zum Boss zu erlangen. Hierbei hilft euch eine simpel aufgebaute Karte im Pausemenü. Gefangene Geister bringen Extra-Cash, um zwischen den Stages das Inventar aufzustocken: Extra-Waffen, Schutzschild, Heil-Items sind helfen immens, den Abspann sehen zu können. Die Level können jederzeit durch den Eingang wieder verlassen werden, um zwischendurch shoppen zu gehen und gestärkt wiederzukommen. Zuerst möchte ich die liebevolle Präsentation hervorheben, die für damalige Verhältnisse wirklich toll ist. Das man den famosen Song mit 8bit-Sound präsentiert, war zu erwarten und versprüht direkt gute Laune. Dann geht es in einen lockeren Story-Einstieg im Geisterjägerhauptquartier und zur Levelauswahl in Manhattan. Nach jedem Level wird die Rahmenhandlung mit netten Bildern und Textpassagen weitererzählt und auch Bosse stellen sich in kleinen Sequenzen vor. Alles nicht bahnbrechend, aber cool. Jeder Ghostbuster hat nicht nur eigene Siegesanimationen am Ende der Level, sondern auch eigene Eigenschaften: Ray steckt am meisten ein, Egon ist am schnellsten und Peter hat ausgeglichene Stats. Die Steuerung fühlt sich sehr direkt an und ist mit dem Mega Drive 3-Button Pad schnell verinnerlicht: Springen, Schießen, Bombe (die man ehrlicherweise selten braucht). Geister, Blobs, besessene Tischdecken und fliegendes Besteck halten den Spieler auf Trab. Und da es pro Level einige „Ghost Encounter“ (Zwischenbosse) und einen Endboss gibt, ist das Ganze sehr abwechslungsreich aufgebaut. Viel Tiefgang bieten die Kämpfe aber nicht und entpuppen sich in schwachen Momenten als unkoordiniertes Rumgeballer. Auch die Sprungpassagen sind von einfacher Natur und können mit zeitgenössischen Genrevertretern deer frühen 90er wie Castle of Illusion nicht mithalten. Gut gefallen haben mir der non-lineare Aufbau und das Geld-Verdienen. Das Geld motiviert, denn erfolgreiches Geisterjagen lässt sich in extrem hilfreiche Waffen und Gadgets investieren. Hierdurch werden ein Quäntchen Taktik und Gameplay-Varianz eingeführt, die das Gesamtpaket aufwerten. Der Schwierigkeitsgrad steigert sich nur sehr gemächlich und zeigt sich durch größer werdende Level mit mehr Zwischenbossen (bis zu vier pro Stage). Gemessen an dem, was die Levels an Können fordern, steigert sich das Können meist schneller als die Herausforderung - es wird gefühlt eher leichter mit laufendem Fortschritt. Dazu tragen auch die zusätzlichen Waffen und Energiepacks bei, die man mit der Zeit anhäuft. Die Continues sind ebenfalls gnädig und speichern die bereits besiegten Zwischengegner und gefangenen Geister ab, sodass man einen Abschnitt nicht wieder bei null beginnt. Ein geübter Spieler ist vermutlich in 3-5 Stunden mit allem durch. Ghostbusters stammt aus der frühen Mega Drive Zeit und sieht dafür blendend aus. Sprites, Animationen und auch Varianz der auftretenden Monster sind wirklich klasse. Alleine die Hintergründe sind detailarm und trist. Auch der humorvolle Look, der eine Cartoonversion der Filmcharaktere bietet und dabei einen Spagat zwischen Kinofilm und The Real Ghostbusters darstellt, gefällt mir gut. Der Sound ist für seine Zeit grundsätzlich solide, aber auch nicht mehr. Der Titeltrack wurde charmant eingefangen, die weitere Musik ist ok bis gut (die zweite Stage hat die beste Musik), nicht nervig, aber unspektakulär. Den einen oder anderen Ohrwurm hatte ich nach meinen Sessions aber durchaus. So liebevoll und spaßig die Präsentation auch ist, der Wiederspielwert hält sich in Grenzen. Es gibt wenig Extra-Motivation, um wiederzukehren. Zumindest um sich auch die teuersten Waffen zu gönnen oder einmal mit jedem Geisterjäger das Ende zu erreichen, lohnt sich das Wiedereinlegen des Moduls. Verschiedene Abspann-Sequenzen pro Ghostbuster oder individuelle Unterschiede im Spielablauf gibt es aber nicht. Fazit Rundum lässt sich sagen, dass Ghostbusters einen wunderbar in die Atmosphäre der frühen Sega Mega Drive Ära eintauchen lässt. Für Fans dieser Epoche und Ghostbusters-Nostalgiker ist dies eine schöne kleine Zeitkapsel, die ein paar Stunden frühen 90er Retrospaß bringt. Da das Spiel nie neu aufgelegt wurde, ist der einzig Weg zur Originalkopie, ein gebrauchtes Modul zu erwerben. Auf eBay kostet das gerne 50-100 €, was nicht günstig ist und daher wahrscheinlich nur für Komplettisten und Fans in Frage kommt. Ein interessantes Sammlerstück und charmantes Produkt seiner Zeit Ghostbusters auf alle Fälle und sieht dank der hochwertigen Sega-Cases in Videokassettenoptik auch im Regal gut aus.

  • Ikonische Momente: Die Geschichte der digitalen Morph-Effekte

    Was haben „Willow“, Michal Jacksons „Black or White“ und „Terminator 2“ gemeinsam? Die Überschrift lässt es bereits erahnen, sie sind alle Meilensteine der digitalen Morph-Effekte. Morphing ist ein visueller Effekt, bei dem es um das fließende Überblenden zweier Bilder oder Körper geht, um eine stufenlose Verwandlung vorzugaukeln. Beispielsweise die Verwandlung eines Menschen in ein Tier oder das rapide Altern einer Figur in wenigen Sekunden. Besonders beliebt ist der Effekt in Science Fiction und Fantasy. Durch digitales Morphen haben sich neue kreative Möglichkeiten ergeben, die u. a. Stop Motion ersetzt haben. Die Entwicklung ist eng mit der Bildbearbeitung am Computer verbunden, weshalb es besonders während des CGI-Siegeszuges Ende der 80er bis Mitte der 90er in immer mehr Kinofilmen zum Einsatz kam. Heutzutage sind solche Special Effects fast alltäglich, aber ich möchte einen Blick auf die frühesten ikonischen und stilprägenden digitalen Morph-Effekte werfen, in denen Pionierarbeit geleistet wurde und ikonische Momente geschaffen wurden. Eines der letzten spektakulären Beispiele für non-digitales Morphing ist übrigens die Szene aus Indiana Jones and the last Crusade, in der Donovan aus dem falschen Gral trinkt („You chose poorly“). The Golden Child (1986) Die Action-Komödie The Golden Child mit Eddie Murphy bietet einen aus heutiger Sicht primitiven, aber äußerst unterhaltsamen Trick. In einer dunklen Gasse verwandelt sich eine Ratte in den Schurken Sardo - personifiziert durch Charles Dance, heutzutage bestens bekannt als Tywin Lannister. Eine überraschende wie famose Szene, wer sich selbst ein Bild machen will, kann dies hier. Star Trek IV: The Voyage Home (1986) Star Trek gilt im Gegensatz zu Star Wars weniger als technischer Meilenstein, hat aber viel zur Weiterentwicklung der Tricktechnik beigetragen. Wie bei Star Wars war Industrial Light and Magic bei vielen Teilen verantwortlich und konnte im Falle von The Voyage Home sogar eine Oscar-Nominierung einheimsen. Beeindruckend war damals vor allem die hier vorgestellte Szene: Während einer Zeitreise kommt es zu einer traumartigen Sequenz, in der die Köpfe der Crew ineinander verschmelzen. Die Szene fühlt sich für mich immer etwas deplatziert und fremdartig an, da mir nicht klar ist, warum die Dinge geschehen, die zu sehen sind. Aber okay, alles für den Effekt. Willow (1988) Im 1988er Fantasy-Film Willow hat man bei den Morph-Effekten so richtig die Muskeln spielen lassen und eine Szene eingebaut, in der unser Held seine Zauberkünste bis an die Grenzen seiner Macht bringt. Ein Ziegenbock wird zuerst in diverse andere Tiere verwandelt, um schlussendlich zu einem Menschen zu werden. Sehen könnt ihr dieses Spektakel hier. The Abyss (1989) Über The Abyss von James Cameron habe ich bereits ausführlich geschrieben. Der magische Moment, in dem die unter Wasser lebenden Aliens einen flüssigen Tentakel nutzen, um die Gesichter der Hauptdarsteller*innen nachzubilden, ist unvergesslich. dies hier. Michael Jackson: Black or White (1991) Wir kommen zu einem Eintrag abseits des Kinofilms. Michael Jackson veröffentlichte einige Musikvideo-Meilensteine, am bekanntesten ist vermutlich Thriller mit seiner Hommage an den Zombiefilm. Der Aufwand von Black or White wird bereits im zweiminütigen Intro deutlich, in dem Alone at Home Darsteller Macaulay Culkin einen Gastauftritt hat. Der Antirassismus-Popsong bietet viele Effekte, Kostüme und Bühnenbilder, von denen aber nicht alle tadellos gealtert sind - am Ende kommt aber ein weiterhin sehenswerter Effekt zum Einsatz, in dem stufenlos Gesichter verschiedener Herkünfte und Geschlechter ineinander gemorpht werden. Das vollständige Video gibt es hier. Terminator 2: Judgement Day (1991) Und noch einmal Cameron. In Terminator 2 wurde der in Abyss eingeführte Effekt einer beweglichen Flüssigkeit auf das nächste Level gebracht. Die Killermaschine T1000 kann ihre Gliedmaßen nach Belieben verformen, Gesichter und Körper kopieren und sogar Klingen ausbilden. Damit wurde dem Terminator aus Teil 1 ein unberechenbares und bedrohliches Element hinzugefügt. Für viele Zuschauer aus dieser Zeit ist es der erste bewusste Kontakt zu CGI in Filmen und bis heute ein Filmerlebnis erster Klasse. Einen kurzen Eindruck gewinnt ihr mit dieser Szene. Star Trek VI: The Undiscovered Country (1991) Diese Liste hat sich als Trek-lastiger herausgestellt als gedacht. Aber auch Star Trek VI: The Undiscovered Country ist eine Sternstunde dieser Filmreihe und wurde für zwei Oscars nominiert, bestes Makeup und beste Soundeffekte. Kirk und Spock treffen in einem Gefangenenlager auf das Alien Martia, zunächst verkörpert durch Fotomodel (und Ex-Frau von David Bowie) Iman. Ihre formwandlerischen Fähigkeiten lassen sich unter diesem Link bestaunen. Star Trek: Deep Space Nine (1993) Noch einmal Star Trek, noch einmal Formwandler. Mit Constable Odo wurde ein Charakter in die 1993 gestartete TV-Serie DS9 eingeführt, der im Grundzustand flüssig ist und Objekte und Lebewesen imitieren kann. Um dem Rest der Crew die Zusammenarbeit zu erleichtern, tritt er normalerweise in der von René Auberjonois verkörperten Gestalt, oben im Bild, auf. Ob es zwischen Odo und Martia aus Star Trek VI eine Verbindung gibt, ist Inhalt einiger Fantheorien, wurde aber nie offiziell bestätigt. Eine Compilation der besten Odo-Verwandlungen gibt es hier. Snoop Dogg: Who Am I (What's My Name)? (1993) Snoop (Doggy) Dogg ist auch heute noch ein fester Bestandteil der amerikanischen Popkultur. Anfang der 90er feierte er seinen Durchbruch dank großer Hits wie „Who Am I (What’s My Name)?“. Der Rapper benannte sich nach seiner Lieblingscomicfigur Snoopy und verwandelt sich im Video in einen Hund - wenn auch in keinen Beagle, sondern einen Dobermann. Der Effekt ist zwar relativ primitiv, da der Clip aber auch noch Billiard spielende Hunde mit Sonnenbrillen und Zigarren bietet, will ich ihn hier gerne anpreisen. Also viel Spaß. The Mask (1994) Mitte der 90er wurde CGI zunehmend gewöhnlicher (wenn auch weiterhin aufwändig, kostspielig und daher in Maßen eingesetzt). Einen beeindruckenden Mix aus Makeup und computergenerierten Elementen demonstrierte die Comicverfilmung The Mask. Überzeugen können die Effekte, die genau betrachtet mit sehr simplen Texturen arbeiten, durch die starke Darstellung von Jim Carrey, der die cartoonhafte Figur mit Leidenschaft zum Leben erweckt. Hier gibt es eine Szene aus dem Film. Heutzutage ist CGI und damit auch das Morphing so alltäglich, dass es schwer fällt, konkrete Highlights herauszupicken. Besonders in Reizüberflutungen à la Transformers, dem modernen Superheldenkino oder auch Harry Potter lässt sich kaum noch sagen, wo Morph-Effekte anfangen und aufhören. Sie werden so oft und vielfältig eingesetzt, dass das weitere Herausheben einzelner Werke den Rahmen sprengt. Den neuesten Stand der Technik zeigen aus meiner Sicht die Venom-Filme, in denen dank des anarchischen Parasiten gemorpht wird, was das Zeug hält.

  • Review: The Abyss (1989)

    Originaltitel: The Abyss Produktionsland: Vereinigte Staaten Jahr: 1989 Regie: James Cameron Buch: James Cameron Kamera: Mikael Salomon Musik: Alan Silvestri Cast: Ed Harris, Mary Elizabeth Mastrantonio, Michael Biehn Länge: 140 Min. FSK: 12 Genre: Science-Fiction, Abenteuer Bevor er die Titanic entzweigebrochen und im Atlantik versenkt hat, zog es James Cameron bereits 1989 auf den Grund des Meeres. Einnahmerekorde wurden mit The Abyss zwar nicht erzielt, geschichtsträchtig sind aber mindestens die Spezialeffekte und der wahnwitzige Aufwand der Unterwasser-Dreharbeiten. Ende der 80er war düstere Science-Fiction mit Action- oder Horrorelementen keine Seltenheit und so klang es auch naheliegend, als das Studio dem Publikum „Alien unter Wasser“ versprach. Dass der Film mit dieser Beschreibung falsch etikettiert wurde, erklärt zumindest teils seinen geringen kommerziellen Erfolg. Zwar war er mit einem Einspielergebnis von 90 Mio. $ bei Produktionskosten von 70 Mio. $ profitabel, gemessen an den Erwartungen ist er damit seinerzeit aber – Achtung Wortwitz – untergegangen. The Abyss setzt bereits in der ersten Sekunde die Stimmung, denn während des 20th Century Fox Logos erklingt nicht die bekannte Fanfare, sondern der kalte Klang eines Sonars. Wir finden uns im roten Alarm auf einem amerikanischen Atom-U-Boot wieder, das seine Energieversorgung verliert und daraufhin mit einer Felswand kollidiert. Da wir uns im kalten Krieg befinden, ist der Verlust von 192 Atomsprengköpfen im Ozean „sub“-optimal, sodass das Wrack schnell geborgen werden soll. Die Zeit ist knapp: da neben sowjetischen Schiffen ein Hurricane naht, wird zur just die Crew einer Bohrinsel angeheuert, die auf einer mobilen Unterwasserbasis, dem "Rig“, stationiert ist (ein erster Vorgriff auf Ölbohrerromantik, wie man sie später in „Armageddon“ wieder erleben wird). Befehlshaber Bud (Ed Harris) und seine Tiefseekumpel machen sich, in Begleitung einer Gruppe Navy SEALs und seiner Ex-Frau und Rig-Konstrukteurin Lindsey (Mary Elizabeth Mastrantonio, bekannt aus Scarface), auf den Weg. Auf der Bergungsmission macht die Crew eine mysteriöse Entdeckung und so kommt „Alien unter Wasser“ ins Spiel – oder eben nicht: Denn der eigentliche Antagonist, Lieutenant Coffey, stammt von der Erde, ist Navy SEAL und hat als Plan B eine Atombombe auf das Rig geschmuggelt. Die Prämisse bietet ein starkes Potential voller Unwägbarkeiten und findet in einem erfrischenden Setting statt. Der Einsatz des Ölbohrer-Teams für ein Szenario am Rande des dritten Weltkrieges ist zwar ziemlich konstruiert, ermöglicht aber den spannenden (und für Cameron typischen) Konflikt zwischen Militär und einer Gruppe aus Arbeitern und Wissenschaftlern, die mit Moral und Vernunft gemeinsam agieren müssen. Michael Biehn, Darsteller des Militärekels Lt. Coffey, sollte sogar als Oscar-Kandidat für den besten Nebendarsteller herhalten, wurde von der Academy allerdings abgelehnt. Aus heutiger Sicht nachvollziehbar, wirken der Charakter und seine Darstellung etwas klischeebehaftet und überzogen. Coffey kommt maximal psychopathisch daher, mit zittrigen Händen, hervortretenden Augäpfeln und selbst verletzendem Messereinsatz. Unterhaltsam ist seine Vorstellung aber allemal. Gefahr und Unberechenbarkeit der SEALs, die die Katastrophe heraufbeschwören, sind Teil der für Cameron typischen Militärkritik. Typisch leider auch, dass diese Kritik nicht durch subtile Feinheiten auffällt, es geht aber bei weitem nicht so plump zu wie beim Colonel in Avatar. Der Blick auf den Schurken verdeutlicht, dass es nicht „Alien unter Wasser“ ist, wenngleich aber Aliens eine tragende Rolle spielen. Die fremdartigen Wasserbewohner sind gutartig und werden am Ende des Films zum großen Retter unserer Helden. Dabei lässt man den Spannungsaufbau traditionell angehen und offenbart dem Zuschauer geduldig Facette für Facette der Aliens, ohne zu viel auf einmal zu offenbaren. Der Spannungsbogen wird stetig weitergespannt. Die Begegnungen mit den Wesen stechen heraus, ihre fluoreszierende quallenartige Erscheinung strahlt eine Mischung aus Mystik und Erhabenheit aus. Die Intentionen der Aliens bleiben lange verborgen und werden nie vollständig gelüftet, was dem Mystery-Element des Films sehr gut tut. Die größte Stärke von The Abyss ist der atmosphärische Schauwert. Die Unterwasserstation wurde - teils in Originalgröße, teils als Modell - unter gigantischem Aufwand hochgezogen. Cameron hat ein ruhendes Atomkraftwerk gemietet, den Reaktor geflutet und den größten Süßwasserpool der Welt geschaffen. Hier sieht vieles echt aus, weil es echt ist und erzeugt zeitlos gute Bilder. Die Innenaufnahmen erzeugen Klaustrophobie, man spürt die Stahlrohre wenige Zentimeter über seinem Kopf hängen. Auch über 30 Jahre später gibt es wenig Vergleichbares auf der Leinwand zu sehen (am vergleichbarsten ist vielleicht Underwater von 2020, wobei die Optik dort sehe videospielartig ist). Unterstrichen wird der Look von einer detailreichen Geräuschkulisse: metallene Schritte, donnernde Türen, tropfende Decken und hallende, dumpfe Stimmen. Auch der Soundtrack trägt seinen Teil bei und erzeugt eine Stimmung zum Atem anhalten. Mit subtilen Streichern und langgezogenen Tönen wird der Abgrund des Ozeans untermalt. Melodien kommen sparsam zum Einsatz und verleihen den Aliens ihre Mystik, wirbelnde Trommeln unterlegen die Action. Letztere führen uns auch zum Höhepunkt, dem Showdown mit Coffey. Beginnend mit einem Messer-Eins-gegen-Eins in der flutenden Station, kämpfen unsere Helden in Mini-U-Booten gegen den wahnsinnigen Soldaten. 80er-Action der ersten Güteklasse. Neben der Bergungsmission spielt die gescheiterte Beziehung von Bud und Lindsey eine zentrale Rolle und wir begleiten die beiden in ihrem Wiederzueinanderfinden durch Höhen und Tiefen. Auch wenn romantische Anekdoten mit der Crew geteilt werden, die sich nahe am Kitsch bewegen, bekommt der Film sympathisch die Kurve. Der Gipfel der emotionalen Reise ist die Wiederbelebung der fast ertrunkenen Lindsey, in der wir Ed Harris am Limit erleben. Als ich geschrieben habe, dass die Spezialeffekte geschichtsträchtig sind, war eine ganz bestimmte Szene gemeint: zum ersten Mal bekommt ein Publikum computergeneriertes Wasser zu sehen. Wir bestaunen einen außerirdischen, tentakelartigen Arm aus Wasser, der dem Pool des Rigs entsteigt und sich seinen Weg durch die Gänge bahnt. Der Arm ahmt außerdem die Gesichter unserer Protagonisten nach, was auf echten Scans von Harris und Mastrantonio basiert. Im Jahre 1989 also außergewöhnliche Pionierarbeit. Die Szenen dazu wurden im Produktionsprozess zuerst gefilmt, um dem VFX-Team genug Zeit bis zum Release einzuräumen. Nichtsdestotrotz musste der Kinostart um einen Monat verschoben werden, so aufwändig waren die Arbeiten. Der Effekt wurde von Cameron für den T1000 in Terminator 2 zu einem zentralen Feature weiterentwickelt. Das Ende der Handlung hat mich leider etwas ratlos zurückgelassen: Die Aliens retten Bud, sind aber mächtig stinkig wegen Coffeys Atombombe. Darum drohen sie der Menschheit mit gigantischen Flutwellen die Vernichtung an, ziehen die Drohung aber zurück, da sein finaler Akt der Liebe für Lindsey sie umstimmt. Die Kurve am Kitsch vorbei wurde an dieser Stelle ärgerlicherweise verpasst. Und auch wo die Militärkritik schon relativ plump daherkam, wurde jetzt der größte Holzhammer ausgepackt, der zu finden war. Darüber hinaus wirken die später eingefügten Szenen der Flutwellen visuell und dramaturgisch wie ein Fremdkörper im Film. Hier wird für zwei Minuten eine weitere Bedrohung aufgemacht, die nicht viel dazu addiert: Es wurden bereits Atombomben und U-Boot-Kämpfe überwunden, die Flutwellen wirken etwas ans Ende drangeflanscht. Und dank dem Beweis der wahren Liebe zweier Erdlinge eh alles halb so wild. Fazit The Abyss ist Spannungs- und Schauwertkino zum mitfiebern und staunen. Ein Film mit unverbrauchtem Setting, meist starken Darstellern und einer Atmosphäre, bei der man den Atem anhält. In den 90ern war The Abyss übliche PrimeTime-Kost auf Pro7. Die Mischung aus starken Namen und eines vermutlich fairen Ausstrahlungspreises machten ihn sicherlich attraktiv für die Sender. Mit dem Niedergang des linearen TVs als Filmplattform werden vermutlich immer weniger Menschen Berührungspunkte haben, nachholen sollte man den Film aber unbedingt. Denn nicht nur optisch ist The Abyss gut gealtert, er ist auch weiterhin ein eigenständiges und spannendes Erlebnis, zu dem es nur wenig vergleichbares gibt. Bildrechte: © 20th Century Fox of Germany

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